Erst vor wenigen Wochen entdeckte das Weltraumteleskop Kepler 100 weitere Exoplaneten, bald ist sein Treibstoffvorrat jedoch zu Ende.
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Wien. Kepler ist so etwas wie der Popstar der Weltraum-Teleskope. Seit seine Augen den Nachthimmel auf Planeten um andere Sterne prüfen, fragt sich alle Welt noch intensiver, ob es Leben im All geben könnte. 2679 Exoplaneten - manche Steinkugeln wie die Erde, andere Gasriesen wie Jupiter - hat das Teleskop der US-Weltraumbehörde Nasa in den neun Jahren seiner Mission nachgewiesen. 100 von ihnen machten erst vor wenigen Wochen Schlagzeilen. Nun geht der fleißige Planetenjäger in Pension. In den kommenden Monaten werde Kepler der Treibstoff ausgehen, gab die US-Weltraumbehörde Nasa diese Woche bekannt.
"Wir gehen davon aus, dass Keplers Tank in einigen Monaten leer sein wird. Allerdings überrascht uns der Satellit laufend, daher arbeiten wir so lange, wie es sein Treibstoffvorrat erlaubt", sagt Charlie Sobeck, Systemingenieur für die Kepler-Mission bei der Nasa. Anders als bei erdnahen Satelliten, die einander umschiffen, zurückgebracht werden oder in der Erdatmosphäre verglühen müssen, kann Kepler den Tank leer fahren. Er kreist 150 Millionen Kilometer hinter der Erde um die Sonne herum - laut Nasa stört er dort niemanden. Bis dieser Punkt erreicht ist, soll er noch möglichst viele Daten zur Erde funken.
Ohne Treibstoff kein Antrieb
Satelliten benötigen Treibstoff, um vorwärts zu kommen. Zwar speisen sich Elektronik und Messinstrumente aus der Kraft der Sonne, doch ohne Sprit können sich die Flugkörper weder drehen, noch durch das Sonnensystem reisen. Das Gute daran: Der Weltraum ist luftleer, setzt daher wenig Widerstand entgegen. Es muss somit nicht viel Sprit mitgenommen werden. Kepler hatte genug dabei, um ins All zu kommen und sich neun Jahre lang der Erde zuzudrehen, damit seine Daten den Boden erreichen. Wenn der Tank leer ist, verhallt die Information im All.
"60 bis 80 Prozent aller bekannten Exoplaneten wurden von Kepler gefunden, davon sind zwischen 500 und 1000 so groß wie die Erde", sagt Luca Fossati, Exoplaneten-Forscher am Institut für Weltraumwissenschaften der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz. Das Teleskop beobachtet Planetentransits - also Verdunkelungen, die ein Planet von der Erde aus gesehen vor seinem Heimatstern verursacht, wenn er an ihm vorbeizieht.
Das Instrument wurde gebaut, um herauszufinden, wie häufig Exoplaneten vorkommen. "Vor Kepler wussten wir nur, dass es im Universum Planeten um andere Sterne geben muss. Jetzt ist klar, dass jeder sonnenähnliche Stern mindestens einen Planeten besitzt, und dass viele Sonnensysteme mehrere davon haben", erklärt Fossati. Kepler hat jedoch bisher noch kein Sonnensystem gefunden, das so ist wie unseres - mit kleinen Planeten in den inneren und größeren in den äußeren Umlaufbahnen, die die Inneren stabilisieren und Schutz vor Geschossen aus dem All bieten, was die Entstehung von Leben begünstigt.
Unser Sonnensystem ist nach bisherigen Erkenntnissen offenbar selten. Allerdings sind viele der von Kepler erspähten Sonnensysteme sehr weit weg. Es kann also gut sein, dass das Teleskop nicht alle Planeten-Transits einfangen konnte, besonders wenn sie sehr weit von ihrem Heimatstern entfernt sind und somit nahezu im Dunklen kreisen.
Modelle für Erdähnlichkeit
Kepler sucht nicht nur nach sonnenähnlichen Sternen, sondern auch nach Planetenkandidaten um Rote Zwerge. Sie sind kleiner und kälter als die Sonne. Daher müssen bewohnbare Planeten, auf denen es warm genug wäre für Leben, enger um sie kreisen als die Erde um ihr Gestirn. Doch Nähe gibt Helligkeit und somit Sichtbarkeit, was Exoplaneten-Jägern das Leben erleichtert. Ein Team des Tokyo Institute of Technology bestätigte diese Woche 15 Exoplaneten um verschiedene Rote Zwergsterne. Eines der Systeme könnte laut den Forschern um Teruyuki Hirano eine Besonderheit sein: Sein Roter Zwergstern K2-155 ist nur 200 Lichtjahre entfernt und wird von drei Planeten umkreist, deren Radien eineinhalb bis doppelt so groß sind wie jener der Erde. Der äußerste befindet sich in der bewohnbaren Zone seines Gestirns, wodurch auf ihm Temperaturen herrschen, die flüssiges Wasser ermöglichen könnten. "Die Annahme, dass K2-155d lebensfreundlich sein könnte, basiert allerdings ausschließlich auf Modellberechnungen", räumt Hirano im "Astronomical Journal" ein.
Der nach dem deutschen Astronomen Johannes Kepler (1571-
1630) benannte Planetenjäger war gewissermaßen Phase 1 der modernen Suche nach Exoplaneten. Bei der Mission traten immer wieder technische Schwierigkeiten auf. Seit 2013 operiert Kepler nur noch in begrenztem Modus. Sein Nachfolger soll schon am 16. April die Phase 2 der Exoplaneten-Suche einläuten. Das Weltraumteleskop "Transiting Exoplanet Survey Satellite" (TESS) soll vom US-Bundesstaat Florida aus starten und ebenfalls Planetentransits erspähen, jedoch am gesamten Nachthimmel. Statt wie Kepler nur Himmelskörper im Sternbild Signus zu suchen, nimmt TESS im ersten Jahr seiner Reise den südlichen und im zweiten Jahr den nördlichen Nachthimmel auf. Dabei wird es sich auf hellere Sterne konzentrieren, in deren Nähe Planeten klar sichtbar sind, wodurch sich Masse und Gewicht leichter errechnen lassen.
Leben "unwahrscheinlich"
Phase 3 soll 2019 starten und heißt James Webb. Dieses Teleskop misst die Zusammensetzung von Planeten-Atmosphären, die laut Daten von TESS Erd-Zwillinge sein könnten. Findet es Spuren von Methan, Sauerstoff oder Wasserstoff um einen Himmelskörper, könnte dort Leben wie wir es kennen existieren, so die Theorie.
Bakterien gibt es sogar im All. "Wissenschaftlich gesehen ist es aber unwahrscheinlich, dass wir anderswo Gesellschaft haben, die so ist wie wir", schränkt Fossati ein. "Damit Leben entstehen kann, müssen viele Zufälle genau zur richtigen Zeit eintreten." Ein Planet brauche einen Mond wie unseren und eine idente Atmosphäre. "Jeder Planet hat am Anfang eine Atmosphäre aus Wasserstoff, der verschwinden muss, um CO2 Platz zu machen, das auch verschwinden muss, wobei beides nicht zu schnell passieren darf", erläutert der Astronom. Teile des Prozesses auf der Erde seien durch das Vorhandensein von flüssigem Wasser und die Bewegung von Kontinenten ermöglicht worden. Auch das Magnetfeld hätte sich - wie jede Zutat - zum richtigen Zeitpunkt gebildet. "Ich hoffe, dass alle Zufälle irgendwo eingetreten sind, das gäbe meiner Arbeit nämlich noch mehr Sinn", so Fossati.
Die Hoffnung ist berechtigt: Noch müssen Forschungsteams weltweit die Messdaten von weiteren 2733 Himmelskörpern auswerten, die Kepler erspäht hat.