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Kernaktionäre rühren bei Strabag kräftig um

Von Karl Leban

Wirtschaft
Der heimische Bauriese Strabag notiert seit Oktober 2007 an der Wiener Börse. Ein zu geringer Streubesitz könnte sein Listing infrage stellen.
© Strabag / Andreas Balon

Haselsteiner und Raiffeisen haben Oleg Deripaska als Aktionär kaltgestellt, nun wollen sie ein neues Syndikat.


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Russlands Krieg gegen die Ukraine hat auch bei der Strabag einiges in Bewegung gebracht. Zum einen wickelt der größte österreichische Baukonzern sein Geschäft in Russland ab. Zum anderen ist der russische Milliardär Oleg Deripaska, der über seine Holding Rasperia 27,8 Prozent der Strabag-Anteile hält, als einer der Kernaktionäre des börsennotierten Unternehmens mittlerweile kaltgestellt. So sind derzeit etwa seine Stimmrechte im Gefolge des Sanktionsregimes des Westens eingefroren, aber auch Dividendenzahlungen an ihn sind ausgesetzt.

Zudem haben die österreichischen Kernaktionäre, die Privatstiftung der Familie des Kärntner Baulöwen Hans Peter Haselsteiner, die Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien und der Versicherer Uniqa, den Syndikatsvertrag mit dem russischen Oligarchen gekündigt. Gemeinsam zu 57,8 Prozent an der Strabag beteiligt, sind sie nun dabei, ein neues Aktionärssyndikat zur mehrheitlichen Kontrolle des Unternehmens aufzusetzen.

Nach dem österreichischen Übernahmegesetz macht dies freilich ein Pflichtangebot notwendig. Wie es zuletzt vonseiten der Strabag dazu hieß, wollen die österreichischen Kernaktionäre 38,94 Euro je Aktie bieten. Das entspricht dem gesetzlichen Mindestpreis, der sich aus dem Durchschnitt des Börsenkurses der vergangenen sechs Monate errechnet. Das geplante Offert schließt Deripaska, der als Putin-Vertrauter gilt, von der Annahme aus. Gerichtet werden soll es einzig und allein an den Streubesitz der Strabag, auf den jedoch lediglich 14,4 Prozent entfallen.

Analyst: "Angebot nicht ernst gemeint"

Derzeit notiert die Strabag, die vor 15 Jahren zu einem Preis von 47,00 Euro je Aktie an die Wiener Börse gebracht wurde, mit 39,55 Euro knapp über dem Offert. Michael Marschallinger, ein Analyst der Erste Group, der für den aus seiner Sicht unterbewerteten Bautitel ein Kursziel von 49,50 Euro ausgegeben hat, spricht von einem "nicht ernst gemeinten Angebot". Für ihn ist es "offensichtlich, dass der Streubesitz dabei nicht angegriffen werden soll".

Für alles andere als ambitioniert hält auch der Chef des Interessenverbandes für Anleger, Florian Beckermann, das Angebot. Doch er befürchtet, dass sich der ohnehin bereits geringe Streubesitz weiter reduzieren könnte. "Ein Pflichtangebot birgt in hochvolatilen Zeiten immer die Gefahr, dass die eine oder andere Hand des Streubesitzes zittrig wird."

Ebenso kritisiert der Kleinanlegervertreter, dass geplant ist, dass sich die Familie Haselsteiner sowie Raiffeisen/Uniqa ihr Offert von der Strabag im Zuge eines bereits fixierten Aktienrückkaufprogramms finanzieren lassen wollen. So ist vorgesehen, dass die Strabag all jene Anteile (bis zu 10 Prozent) zum Preis des Pflichtangebots aufkauft, die den österreichischen Kernaktionären im Rahmen ihres Offerts aus dem Streubesitz angedient werden. "Das ist eine unschöne Optik", meint Beckermann.

Haselsteiner für höheren Streubesitz

Indes ist der niedrige Streubesitz für Hans Peter Haselsteiner, dessen Sohn Klemens mit Jahresbeginn 2023 den Chefposten im Strabag-Konzern übernimmt, "einer der Schwachpunkte" des Unternehmens, wie er vor Kurzem gegenüber der US-Finanznachrichtenagentur Bloomberg einräumte. Alle Optionen, das Handelsvolumen zu erhöhen und den Aktientitel damit liquider zu machen, sollen demnach Anfang nächsten Jahres geprüft werden. Denn das geringe Handelsvolumen führe zu einer viel zu niedrigen Aktienbewertung, sagte Haselsteiner. Offen ließ er aber, ob für einen höheren Streubesitz im Zuge einer Kapitalerhöhung neue Aktien ausgegeben werden sollen oder ob Hauptaktionäre Anteile verkaufen werden.

Der Börsenwert der Strabag liegt aktuell bei 4,05 Milliarden Euro. Das Unternehmen selbst zählt zu Europas größten Baukonzernen. Mit 73.600 Beschäftigten erzielte es 2021 eine Bauleistung von 16,1 Milliarden und einen Gewinn von 596,4 Millionen Euro.