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Kerry empfängt Orbáns Außenminister nicht

Von WZ-Korrespondentin Kathrin Lauer

Politik

Spannungen, nachdem die USA Einreiseverbot über ungarische Regierungsbeamte verhängen.


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Budapest. Zum ersten Mal seit Ungarns Nato-Beitritt 1999 wird ein Außenminister aus Budapest bei seinem Besuch in den USA nicht von seinem Amtskollegen empfangen. Das erlebt jetzt Péter Szíjjartó, Viktor Orbáns neuer Außenamtschef. Anstelle von John Kerry trifft er in Washington die Außen-Staatssekretärin Viktoria Nuland.

Das Gespräch dürfte spannend werden. Kurz vorher wurde publik, dass die USA sechs Ungarn, die für die Regierung arbeiten, die Einreise verweigert. Der Grund: Korruptionsverdacht. Wer betroffen ist, verraten die USA nicht, weil dies die eigenen Gesetze verbieten.

André Goodfried, der Geschäftsträger der USA in Budapest - einen ordentlichen US-Botschafter gibt es nicht -, hatte Szijjartó darüber informiert, ohne Namensnennung.

Öffentlich wurden die Einreiseverbote ohnehin nur, weil die regierungstreue Zeitung "Napi Gazdaság" darüber berichtet hatte - allerdings mit Angaben, die Washington in ein schlechtes Licht rücken. Die USA würden leitenden Beamten der Steuerbehörde NAV die Einreise verweigern, weil dieses Amt gegen in Ungarn aktive US-Unternehmen ermittle, hieß es in dem Bericht. Diese Angaben wies Goodfriend zurück, bestätigte aber den Einreise-Stopp für andere, ungenannte "Regierungsbeamte oder der Regierung Nahestehende". Orbán soll nach Angaben der regierungskritischen Tageszeitung "Nepszabadsag" sehr irritiert sein, weil man ihn nicht vorher informiert habe. Dass ausgerechnet eine regierungsnahe Zeitung den Fall publik gemacht hat, kann als Zeichen dafür gelten, dass innerhalb des Orbán-Lagers konkurrierende Interessengruppen gegeneinander intrigieren. Möglich ist auch, dass die Zeitung der Regierung einen Gefallen tun wollte, indem sie Ungarn als Opfer des ungerechten Auslands darstellte.

Den USA dürfte wiederum der öffentliche Skandal entgegenkommen. Ohnehin häuften sich aus Washington die Signale des Unmuts über Orbáns Politik. Sogar US-Präsident Barack Obama hatte Ungarn als eines der Länder genannt, in denen politischer Druck auf die Zivilgesellschaft die Demokratie untergrabe.

Staatssekretärin Nuland kritisierte, dass manche Regierende in Europa sich auf den Schutz der Nato verlassen, zugleich aber intern "Tag für Tag die illiberale Demokratie aufzwingen". Den Begriff "illiberal" hatte Orbán in diesem Sommer in seiner berüchtigten Rede in Rumänien eingeführt, zur Kennzeichnung seiner politischen Pläne.

Aus Nato oder EU kann man Ungarn praktisch nicht hinauswerfen. Dies könnte Ungarn aber demnächst von Seite der Community of Democracies (CD) blühen. Gegründet wurde dieses Forum im Jahr 2000 auf Initiative der damaligen US-Außenministerin Madeleine Albright und ihres polnischen Kollegen Jaroslaw Geremek, 150 Staaten der Welt sind Mitglied. Sein Ziel ist die Förderung der Demokratie und die Stärkung der Zivilgesellschaft. Aus dem CD-Führungsausschuss wurde zuletzt die Republik Mali nach dem Militärputsch ausgeschlossen. Ungarn könnte der nächste Abschusskandidat sein, schrieb jüngst die Zeitschrift "Foreign Policy". Auch der Budapester US-Diplomat Goodfriend ließ es jetzt nicht unerwähnt.