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Kettensägenalarm in der Bibliothek

Von Christina Böck

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"Schlimm, dieses Studentenleben. Ein Haufen Arbeit, schäbige Bude, und ich hab den hässlichsten Hut auf dieser Seite des Urals." Wer erkennt, um welchen Roman es sich hier handeln soll, gewinnt einen Schlecker. Oder auch nicht. Es ist Dostojewskis "Schuld und Sühne". Und zwar in einer auf 140 Zeichen eingedampften Schnellversion für die Twittergeneration. Zwei amerikanische Studenten haben einen eher willkürlichen Kanon der Weltliteratur (inklusive Bücher von Dan Brown) hergenommen und Kurzfassungen gedichtet, die bequem in einen Miniblog-Eintrag passen.


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Literaturpuristen dürften gepeinigt aufstöhnen, wenn von Sophokles über Goethe bis zu Thomas Mann ("Der Tod in Venedig": "Ich logiere im schönsten Hotel Venedigs. Meine Frau ist vor kurzem gestorben. Habe merkwürdige Begegnungen mit Männern. Bin wohl schwul.") Klassiker mit der Kettensäge bearbeitet werden. Wobei man den Autoren von "Twitteratur" immerhin zugestehen muss, dass sie Sinn für interkulturelle Bezüge haben, wie der Beginn von "Alice im Wunderland" zeigt: "Oh! Ein weißes Kaninchen, wie in Matrix. Cooler Film, wenn man auf Drogen ist."

Aber wenigstens gute Nachrichten für jenes Drittel der österreichischen Schüler, von denen kürzlich bekannt wurde, dass sie eine Leseschwäche haben. 140 Zeichen sollten sich ja ausgehen.