Zum Hauptinhalt springen

Khatami Montag in Wien

Von Arian Faal

Politik

Irans scheidender Präsident Khatami hat in den letzten Wochen eine Reihe von Staats- und Arbeitsbesuchen absolviert. Nach Kroatien, Bosnien und Venezuela macht Khatami am kommenden Montag vor seiner Reise nach Paris einen freundschaftlichen Zwischenstopp in Wien, wo er Arbeitsgespräche mit Bundespräsident Heinz Fischer und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel führen wird.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

In Teheran hat unterdessen das Ringen um Khatamis Nachfolge längst begonnen. Alles andere als ein Sieg eines Kandidaten der Hardliner bei den neunten Präsidentschaftswahlen am 17. Juni wäre eine Überraschung.

Als der Reformer Mohammad Khatami 1997 zum Präsidenten gewählt wurde, atmete sowohl die iranischen Bevölkerung als auch die internationale Staatengemeinschaft auf. Man hoffte auf eine Öffnung des Iran in Richtung Westen und auf Reformen im politischen, wirtschaftlichen und legislativen Bereich. Diese Hoffnungen sollten fast alle unerfüllt bleiben. Dementsprechend enttäuscht ist die Bevölkerung von den Reformern. Zwar gab es seit der Wahl Khatamis eine Verbesserung der Beziehungen zum Westen, doch entscheidende Reformen lassen bis heute auf sich warten.

Die Ursache hierfür ist vor allem in der politischen Szene des Iran zu suchen. Diese wird vom permanenten Machtkampf zwischen den Reformern einerseits und folgenden zwei Gruppen andererseits geprägt: Die konservativen Machtzentren unter der Kontrolle von Ayatollah Ali Khamenei, die die Justiz, die Sicherheitskräfte und die revolutionären Armeekräfte weitgehend beherrschen. Diese Gruppe hat ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt, den Reformprozess Khatamis immer wieder zu behindern.

Mehr Macht für "Hardliner"

Die zweite Gruppe ist die in der Minderheit befindliche "islamische Rechte", die von der bürgerlichen Klasse der Geschäftsleute des Bazar, den Wächtern der Revolution und den Milizen, aber auch durch bestimmte Vereinigungen und die Justiz unterstützt wird. Es wird angenommen, dass diese zwei Gruppen (im Westen als "Hardliner" zusammengefasst) ihre Macht mit der Durchsetzung ihres Kandidaten als nächsten Präsidenten noch weiter ausbauen werden.

Eine Schlüsselperson dieser Hardliner ist Ali Akbar Haschemi-Rafsanjani. Khatamis Amtsvorgänger macht kein Geheimnis daraus, dass er wieder zurück an die Spitze des Staates will. Seine mögliche Rückkehr an die Macht verwundert einige Iran-Experten, denn der 70-jährige Politiker ist in seiner jetzigen Position der zweitmächtigste Mann im Staat: Er ist Vorsitzender des sogenannten "Vermittlungsausschusses", der bei Problemen zwischen Regierung und Führungsrat (dem erzkonservativen Gremium von Khamenei, das die politischen Fäden zieht) zu entscheiden hat. Außerdem steht er in der Hierarchie direkt unter Khamenei. Neben Rafsanjani kandidieren voraussichtlich auch Ali Akbar Velayati, Hassan Rowhani, Ali Larijani, Mohsen Rezai und die eher chancenlosen Reformer Mostafa Moein und Mehdi Karrubi. Unabhängig davon, wer der nächste iranische Präsident wird, eines ist sicher: Die Sorge um einen weiteren Krisenherd in der ohnehin schon angeschlagenen Region ist groß.

Einig gegen die USA

Derzeit steht der Iran wegen der Atomfrage im Blickpunkt. Selbst die Ankündigung der USA, ihren Widerstand gegen eine Aufnahme des Iran bei der WTO aufgeben zu wollen, darf nicht über die Entschlossenheit der Amerikaner hinwegtäuschen, den Iran im Falle eines Scheiterns der Atomgespräche mit den Europäern vor den UN-Sicherheitsrat zu bringen. Auch ein Militärschlag wird von US-Präsident Bush nicht ausge-schlossen.

Im Iran selbst herrscht Empörung über die amerikanische Einmischung. US-Aussagen, der Iran sei Teil einer "Achse des Bösen" oder Staaten wie der Iran seien "Vorboten der Tyrannei" schweißen in Wahlkampfzeiten Anhänger wie Kritiker aller Lager zusammen. Von den amerikanischen Drohungen fürchtet man sich nicht, sondern reagiert mit Warnungen. Der Iran stehe für Frieden, aber die Macht seiner Verteidigungsfähigkeit solle man nicht unterschätzen, so der Tenor der Stellungnahmen iranischer Spitzenpolitiker in den letzten Tagen.