Angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit fordert Nationalratspräsident Andreas Khol eine ernsthafte Debatte über die Notwendigkeit eines Billiglohnsektors ein. Am Montag will die Bundesregierung ein eilig geschnürtes Maßnahmenpaket für mehr Wachstum und Beschäftigung präsentieren.
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Im Interview mit der "Wiener Zeitung" erklärt Khol: "Die ewige Streitfrage ist, ob wir für unseren Arbeitsmarkt einen Billiglohnsektor brauchen. Viele Experten sagen: Wer700 Euro Arbeitslosengeld bekommt, nimmt keinen 800-Euro-Job an. Doch das wird nicht offen gesagt." Zwar wagt Khol keine Festlegung in dieser sensiblen Frage, allerdings fordert er eine "ehrliche Diskussion" ein.
IHS-Chef Bernhard Felderer sieht derzeit allerdings keine Notwendigkeit, in Österreich ein Billiglohnsegment zu etablieren. "Das würde ich erst ernsthaft in Betracht ziehen, wenn man sieht, dass nichts anderes mehr hilft", so der Wirtschaftsforscher vor dem Hintergrund des am Montag stattfindenden Job-Gipfels, bei dem Bund und Länder ein mehrere 100 Mio. Euro schweres Beschäftigungs- und Konjunkturpaket vorstellen wollen.
Felderer verweist darauf, dass die Lohnspreizung in Österreich im Vergleich etwa zu Großbritannien oder den USA verhältnismäßig gering ist. "Das liegt daran, dass bei uns die schlechter Qualifizierten noch immer besser ausgebildet sind." Der IHS-Chef schlägt daher eine Qualifizierungsoffensive für diese Problemgruppe vor.
In dem Interview wünscht sich Khol außerdem weitere "kleine liberale Windstöße" für die Elektrizitätsbranche. Auch dem "Medienbereich mit seinen Ortskaisern würde ein bisschen mehr Wettbewerb ganz gut tun", ist er überzeugt. Gegen weitere Liberalisierungsmaßnahmen ist er dagegen im Gesundheitswesen: "Das ist ein zu sensibler Lebensbereich."
- Das Interview