Zum Hauptinhalt springen

Kickl bei Orban: Versuch einer rechten Internationalen

Von Alexander Dworzak

Politik

Verfechter der "illiberalen Demokratie" suchen unter der Schirmherrschaft Viktor Orbans nach Kooperationswegen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 1 Jahr in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Donald Trump ist zwar seit 2021 nicht mehr Präsident der Vereinigten Staaten. Seine Anhänger bemühen sich aber weiter darum, den Trumpismus weltweit zu exportieren. Ein Vehikel dabei ist die CPAC, die Conservative Political Action Conference. Seit den 1970ern versammeln sich US-Konservative zum jährlichen Treffen. Mit der Präsidentschaft Trumps rückten nicht nur seine Republikaner immer weiter nach rechts, sondern auch die CPAC. Mittlerweile gibt es Ableger in Brasilien, Mexiko, Israel, Japan und Australien - und auch in Europa, in Ungarn.

Im vergangenen Jahr wurde die CPAC erstmals in Budapest ausgetragen. Motto damals: "Gott, Heimatland, Familie." "In der linksliberalen Welt ist Hysterie ausgebrochen", vermeldeten damals die Organisatoren. Am Donnerstag und Freitag findet eine Neuauflage statt, diesmal rufen die Organisatoren aus: "Vereint stehen wir." Sie wollen das zersplitterte Lager autoritärer, populistischer Politiker zusammenführen.

Den Schutz der EVP verloren

Zentrale Figur in Europa und Hauptredner in Budapest ist Ungarns Premierminister Viktor Orban. Er sucht seit Jahren die Nähe zu Trump. Erst als Druckmittel, um die Europäische Volkspartei (EVP) weiter nach rechts zu rücken. Seit dem Zerwürfnis mit der EVP und dem nicht ganz freiwilligen Rückzug von Orbans Partei Fidesz im Jahr 2021 fehlt dem Regierungschef jenes einflussreiche europäische Netzwerk, das über Jahre den autoritären Staatsumbau Ungarns schulterzuckend hingenommen hatte. Orban benötigt neue Verbündete und lotet Optionen aus.

Eine davon ist die Freiheitliche Partei. Obmann Herbert Kickl hält am zweiten Konferenztag eine Rede, die im Programmpunkt "Lokal versus hyperglobal" eingebettet ist. Die einführende Ansprache zum Thema hält Steve Bannon, Chef der Kampagne von Trumps Präsidentschaftswahlkampf 2016 und anschließend Chefstratege im Weißen Haus, das er im Unfrieden mit Trump verließ. Zuvor baute Bannon das Online-Portal "Breitbart" als bevorzugte Plattform der Alternative-Right-Bewegung auf. Deren Denkweise: die USA als weißer, nationalistischer, autoritärer, frauenfeindlicher und sozialdarwinistischer Hort.

Diese Weltsicht steckt hinter der unverfänglicheren Parole "America first". Nicht zufällig steht bei der Konferenz in Budapest "Nation’s first" auf dem Programmpunkt. An der Podiumsdiskussion zum Thema nimmt auch der freiheitliche Europaabgeordnete Harald Vilimsky teil.

Auch zwei Ex-Regierungschefs aus der EU, Tschechiens Andrej Babis und Sloweniens Janez Jansa, treten in Budapest auf. Dass gleich zwei FPÖ-Politiker bei der Konferenz vertreten sind, zeigt die Bedeutung, welche die Organisatoren - neben CPAC eine regierungsnahe ungarische Denkwerkstätte - den Freiheitlichen beimessen. Und dass neben Parteichef Kickl der EU-Abgeordnete Vilimsky spricht, ist ebenfalls Teil der Strategie. Beim langjährigen Delegationsleiter in Brüssel und Straßburg laufen die europäischen Vernetzungsbemühungen der FPÖ zusammen.

Im EU-Parlament bilden die Freiheitlichen mit Parteien aus acht Ländern die Fraktion Identität und Demokratie (ID). Bekannteste Mitglieder sind die deutsche AfD, die französische Rassemblement national von Marine Le Pen und die italienische Regierungspartei Lega Matteo Salvinis. Sie alle sind langjährige Verbündete der FPÖ. Zwar ist auch die Dänische Volkspartei von der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) zur ID gewechselt. Doch die besten Zeiten liegen hinter den Rechtspopulisten, von 21 Prozent bei der dänischen Parlamentswahl 2015 sind sie schrittweise bis auf 2,6 Prozent im vergangenen Jahr abgestürzt. Die mit Abstand wichtigste Partei innerhalb der EKR, die polnische PiS, ist aufgrund ihres grundsätzlichen Anti-Putin-Kurses nicht mit den "Russlandfreunden" in der ID anschlussfähig.

Der "Held" Tucker Carlson

Orban befürwortet zwar das Ende der EU-Sanktionen gegen Russland - wie auch bei einem Treffen mit Kickl in Budapest im März. Der ungarische Regierungschef trägt gleichzeitig alle Maßnahmenpakete der Union gegen Machthaber Putin mit, diese beruhen nämlich auf dem Einstimmigkeitsprinzip. Seine Möglichkeit: Er kann noch restriktivere Sanktionen gegen Personen, Unternehmen und Institutionen im Umfeld des Kremls behindern.

Allen Avancen zum Trotz ist Orbans Partei bis heute nicht Teil der FPÖ-Fraktion - womöglich auch, weil Lega und RN mehr Abgeordnete als Fidez stellen würden und sich Orban nicht unterordnen möchte. Er genießt die Bewunderung von US-Rechtsaußen für sein ungarisches Modell der "illiberalen Demokratie". Einer von ihnen ist Tucker Carlson, TV-Moderator und Verbreiter von Verschwörungstheorien. Ende April trennte sich der Sender Fox News von Carlson, für die Konferenz in Budapest wird er eine Videobotschaft vorbereiten. Jenen Mann, der behauptetet, die US-Präsidentschaftswahl 2020 mit der Niederlage Trumps sei ein "schwerwiegender Betrug an der amerikanischen Demokratie" gewesen, feiern die Organisatoren des Treffens in Ungarn als "einen Helden, ein Symbol".