Boris Johnsons Plan, illegale Migranten nach Ruanda zu verfrachten, ist ein simpler Zaubertrick.
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Das Versprechen, der illegalen Migration ins Vereinigte Königreich einen Riegel vorzuschieben, was ein zentraler Faktor nicht nur für den Ausgang der Brexit-Abstimmung 2016, sondern auch für den Wahlsieg Boris Johnsons 2019. Allerdings ist das deutlich leichter gefordert als umgesetzt, selbst dann, wenn man wie Großbritannien über alle Vorteile einer Insellage verfügt. Weil also mit den mühsamen Mitteln traditioneller Politik kein Weiterkommen ist, versucht es Johnson nun mit einem Zaubertrick, einem ziemlich simplen zwar, dafür umso größer inszenierten.
Männer, und nur Männer, die versuchen, illegal einzureisen - die meisten tun dies in kleinen Booten über den Kanal -, sollen ab sofort nach Ruanda verfrachtet werden, einem autoritär regierten Staat in Ostafrika mit blutiger Bürgerkriegsgeschichte, und dort den Abschluss ihres Verfahrens abwarten. "Ich glaube, das Risiko, am Ende eher in Ruanda als im Vereinigten Königreich zu landen, wird sich als erhebliche Abschreckung erweisen", erklärte der Premier. Ein Abkommen ist bereits unterschrieben.
Nun ist weder Großbritannien das einzige Land, welches das Ausmaß an illegaler Migration als politische Hypothek und rechtliche Zumutung empfindet, noch Boris Johnson der einzige Politiker, der mit vollmundigen Versprechen bei Wahlen punkten will. Man kennt das auch in Österreich. Sie alle sind bisher an fehlender Praktikabilität oder rechtlichen Hürden gescheitert. Es passt ins Bild, dass britische Regierungen die Europäische Konvention für Menschenrechte und den Gerichtshof in Straßburg als lästige Einengung ihrer parlamentarischen Souveränität betrachten und deshalb versuchen, diese Fessel loszuwerden.
Natürlich bedeutet dies nicht, dass Großbritannien, dem die Welt so bahnbrechende Dokumente für Rechtsstaat und Parlamentarismus wie die "Magna Carta" (1215) und die "Bill of Rights" (1689) verdankt, sich als liberale Demokratie verabschiedet. Die Pläne der britischen Regierung veranschaulichen jedoch, wie Politiker gewordene Zaubertrickkünstler bereit und in der Lage sind, Scheinlösungen als echte Lösungen groß zu inszenieren. Und dann hoffen, dass irgendwann ein neues Schwein durchs massenmediale Dorf getrieben wird und die Aufmerksamkeit auf andere Fragen lenkt.
Johnsons Ruanda-Plan wird sich als undurchführbar erweisen, sei es wegen praktischer, politischer oder rechtlicher Hürden. Das weiß er natürlich selbst. Aber er hat dann einen Schuldigen, der nicht Johnson heißt - der nächste Zaubertrick. Echte Probleme werden so nicht gelöst.