In Großbritannien kamen erste Babys mit dem Erbgut von zwei Frauen und einem Mann zur Welt.
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In Großbritannien wurden die ersten Kinder dreier Eltern geboren. Das bestätigte die zuständige Regulierungsbehörde HFEA in London Ende der Woche auf Anfrage der britischen Tageszeitung "The Guardian". "Weniger als fünf Babys" seien im April am Newcastle Fertility Centre zur Welt gekommen, hieß es. Nähere Angaben wurden mit Verweis auf Persönlichkeitsrecht nicht gemacht.
Ein Großteil des menschlichen Erbguts befindet sich im Zellkern. Ein Prozent steckt allerdings in den Mitochondrien, die wie kleine Kraftwerke die wichtigste Energiequelle bilden: Alle Muskeln und Organe benötigen das von ihnen erzeugte Molekül Adenosin-Triphosphat, um funktionieren zu können. Die Mitochondrien befinden sich außerhalb des Zellkerns und werden nur von der Mutter vererbt. Allerdings können Erbinformationen der Zell-Kraftwerke Krankheiten weitergeben. Wenn sie schadhafte Mutationen bilden, können die die Herzfunktion, das Gehirn oder die Muskelfunktionen beeinträchtigt sein.
In Österreich verboten
Die Methode namens Mitochondrien-Ersatztherapie (MRT) soll die schadhaften Mutationen eliminieren. Bei dem Verfahren werden Mitochondrien der Mutter durch solche einer Spenderin im Zuge der künstlichen Befruchtung durch In-vitro-Fertilisation ersetzt. Das heißt: Das Baby wird in der Petrischale mit DNA von zwei Müttern und einem Vater gezeugt. Zum Einsatz kommt die künstliche Befruchtung per In-vitro-Fertilisation. "Es geht darum, mitochondrial vererbte Erkrankungen in der nächsten Generation zu vermeiden", so der Wiener Fachhumangenetiker Markus Hengstschläger.
Das Vereinigte Königreich hatte als erstes Land im Jahr die Mitochondrien-Ersatztherapie (MRT) legalisiert. Im Vorjahr wurde sie dann in Australien zugelassen. Doch auch in Staaten, in denen sie nicht reguliert ist, wird sie durchgeführt. Etwa konnte in Mexiko bereits 2016 ein Kind mit drei genetischen Eltern zur Welt kommen. Andere Fälle sind aus Griechenland oder der Ukraine bekannt. "Im Allgemeinen wird die Methode jedoch selten angewendet", sagt Hengstschläger.
"Das österreichische Fortpflanzungsmedizingesetz verhindert, dass so etwas hierzulande gemacht wird, da eine Eizellspende nur dann durchgeführt werden kann, wenn die Gameten der Mutter nicht fortpflanzungsfähig sind. Meines Erachtens wäre aber eine Eizelle, die mit einer mitochondrialen Erkrankung behaftet ist, trotzdem fortpflanzungsfähig", sagt die Vorsitzende der Österreichischen Bioethikkommission, Christiane Druml, zur "Wiener Zeitung". Der Begriff "drei Eltern" sei "nicht ganz richtig", da die wesentlichen genetischen Züge (99 Prozent) von Vater und Mutter vorhanden blieben. Die Mutter stelle den Zellkern zur Verfügung und mit den gespendeten Mitochondrien würde nur ein geringes Ausmaß fremder DNA an das Kind weitergegeben. "Diese Beigabe ist geringer als bei Menschen, die Spenderorgane erhalten", erläutert Druml.
MRT wirft dennoch jede Menge ethischer Fragen auf. Etwa gibt es kaum Erfahrungswerte dazu, ob sich die Erbkrankheit nicht doch später noch ausbildet. "Die Prozedur hat ihre Risiken", sagt Dagan Wells, Professor of Fortpflanzungsgenetik der Universität Oxford, im Fachmagazin "Nature". Wenn im Zuge der Behandlung versehentlich schadhafte Mitochondrien in der Eizelle verbleiben, könnte sie die Krankheit wieder zurückbilden. Hengstschäger wiederum schätzt das Risiko "dass bei den so entstandenen Kindern viel Unvorhersehbares eintreten könnte", für gering" ein: "Man muss es aber natürlich wissenschaftlich weiter begleiten."