Nur das Ozon macht ihr gelegentlich etwas zu schaffen, doch sonst ist die Qualität der Wiener Luft unbestritten. Egal in welchem Monat und ob am Stephansdom, in Kaiserebersdorf, am Hermannskogel oder in Liesing, der Vergleich der Monatsberichte gemäß dem Immissionsschutzgesetz Luft stellt sicher: 17 Messstellen, die keinerlei Überschreitungen der Grenzwerte von Schwefeldioxid, Schwebstaub, Stickstoffdioxid und Kohlenmonoxid registrieren, können nicht irren.
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Das subjektive Empfinden ist indessen, insbesondere am Ende des Winters und zu Beginn eines trockenen, windigen Frühjahrs, ein anderes: Chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) wie etwa Asthma und Bronchitis werden auf grausame Weise aktuell, tränende Augen, Atemnot, Husten und die rinnende Nase führen das "gesunde Gehen in frischer Luft" ad absurdum, dieweil sich Herz- und Kreislaufkranke kaum vom Telefonnotruf wegbewegen können.
Ein Widerspruch? - Nicht unbedingt. Zwar verfügt Wien über ein ausgedehntes und funktionierendes Messnetz, Umweltepidemiologen zweifeln aber schon seit geraumer Zeit insbesondere in Sachen Schwebstaub an den bisher geltenden Grenzwerten. Und: Auch 17 Messstellen sind nicht in der Lage, die Auswirkungen jedes von einer Baustelle übrig gebliebenen Sandhaufens in einer kleinen Gasse zu orten.
Kinder sind nicht nur von Ozon, sondern auch von den feinen Staubpartikeln extrem betroffen, wie zahlreiche Studien in den USA gezeigt haben. In Relation zu ihrer Körpergröße atmen sie viel mehr Luft ein als Erwachsene, sie atmen wesentlich rascher, insbesondere wenn sie körperlich aktiv sind, und obendrein bewegen sie sich öfter als Erwachsene im Freien. Hinzu kommt, dass sie überwiegend durch den Mund atmen, was bedeutet, dass sie - anders als bei der Nasenatmung, die etliches wegfiltert - große Mengen belasteter Luft unmittelbar in die Lunge und deren sensibelste Bereiche aufnehmen.
Streusplitt - jenem Wien-Spezifikum, das Winter für Winter selbst auf den bloßen Schnee-Verdacht hin gleich tonnenweise eingesetzt und hernach liegen gelassen wird, bis es endlich irgendwann der Wind verweht hat - kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Er ist zwar nicht primär für den Feinstaub verantwortlich, aber er belastet die Situation zusätzlich und beträchtlich.
Doch zumindest hier dürfte demnächst ein frischer Wind wehen: Elisabeth Pittermann, Primarärztin und Wiens Gesundheitsstadträtin, will sich energisch für eine Reduktion der Straßenstreuung auf das unbedingt notwendige Maß einsetzen, wie sie der "Wiener Zeitung" versprach.