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Kinder haben das Recht zu überleben

Von Brigitte Pilz

Politik

Der "Welttag des Kindes" am 20. September soll jährlich einmal auf Lebenssituationen und die Schutzbedürftigkeit von Kindern hinweisen: In armen Ländern werden ihre Rechte eklatant missachtet. Doch auch in reichen Industriestaaten wie Österreich sind Verbesserungen zum Wohl der Kinder nötig.


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Manchmal werden wir aufgerüttelt: wenn die Schreckensbilder des Terrors in einer Schule von Beslan über den Bildschirm flimmern; wenn Filme die ausgemergelten Gestalten der Flüchtlinge von Darfur in unsere Wohnzimmer bringen. In beiden Fällen sind viele der Opfer Kinder. Ihr Leben endet, bevor es richtig begonnen hat.

Völlig unspektakulär und von uns meist nicht beachtet fristen Millionen Kinder ein menschenunwürdiges Dasein in Armut, Hunger, Krankheit. Tausende sterben täglich, weil sie unter- und fehlernährt sind, an Krankheiten, die nicht zum Tod führen müssten. Krankheiten, die allein durch schmutziges Wasser verursacht werden, allen voran die Diarrhöe, sind täglich für den Tod von 4.000 Kindern verantwortlich.

Dabei hat die internationale Gemeinschaft nicht nur bei der Erstellung der universellen Menschenrechte auch an Minderjährige gedacht. Von der Generalversammlung der UNO wurde 1959 zusätzlich die "Erklärung der Rechte des Kindes" beschlossen. Danach haben Kinder etwa das Recht auf eine gesunde geistige und körperliche Entwicklung; das Recht auf Ernährung, Wohnung und ärztliche Betreuung, das Recht auf Unterricht, auf Spiel und Erholung; das Recht auf sofortige Hilfe bei Katastrophen und Notlagen, auf Schutz vor Grausamkeit und Ausbeutung.

UN-Millenniumsziele

Es fehlt nicht an Zielen. Zuletzt wurden von den Mitgliedern der UNO zum Millennium ehrgeizige Entwicklungsziele - die meisten sollen bis 2015 realisiert werden - formuliert, auch solche die speziell Kinder betreffen: Es geht um Verbesserungen in vielen Bereichen, allen voran der Ernährung, der Gesundheit, der Schulbildung. Fachleute zweifeln bereits daran, dass die Ziele auch nur annähernd erreicht werden.

Jetzt, im Jahr 2004, zeigt sich kein einheitliches Bild. Beispiele: Südostasien und Lateinamerika dürften bei der Ernährung von Kindern die angepeilten Ziele erreichen. In den Entwicklungsländern ist die Einschulungsrate bei Mädchen noch immer niedriger als bei Buben. Alle Werte - ob untergewichtige Kinder, Einschulungsraten, Sterberaten bei Säuglingen - haben sich besonders im südlichen Afrika, dem Armenhaus dieser Welt, kaum verbessert.

Beispiel 1: Impfkampagne

in Madagaskar

Umso erfreulicher sind Meldungen wie die folgende: Madagaskar, der Inselstaat vor der afrikanischen Küste im

indischen Ozean gelegen und zu den ärmsten Ländern

zählend, hat gerade eine ehrgeizige Impfkampagne ge-

startet. In einem Monat sollen 7,6 Millionen Kinder eine

Masern-Impfung erhalten. Internationale Organisationen wie UNICEF geben finanzielle und technische Unterstützung. Neben medizinischem Personal sind Tausende Freiwillige mit der Durchführung betraut. Masern sind besonders bei unterernährten Kindern keine harmlose Krankheit. 30-40 Millionen Menschen sind weltweit 2001 an Masern erkrankt, viele sind erblindet, 750.000 Kinder daran gestorben. Überhaupt könnten laut WHO-Bericht (Weltgesundheitsorganisation) jährlich drei Millionen Todesfälle, davon zwei Millionen Kinder, durch Impfungen verhindert werden. Eine Basis-Gesundheitsvorsorge (inkl. Impfungen) würde 40 Euro pro Person und Jahr kosten, in armen Ländern stehen dafür meist nur sechs Euro zur Verfügung. 350 Millionen Euro wären jährlich notwendig, um an zehn Millionen Kindern die bei uns obligatorischen Impfungen durchzuführen, allen voran: Diphterie, Tetanus, Polio, Tuberkulose, Masern, Hepatits B.

Beispiel 2:

Schule in Afghanistan

Erfreulich auch eine Meldung aus Afghanistan. In südlichen und östlichen Provinzen werden jetzt im September viele Schulen wieder eröffnet. Seit 2001 waren sie auf Grund der kriegerischen Auseinandersetzungen geschlossen. Eine halbe Million Mädchen und Buben kann wieder zur Schule gehen. Die Einschulungsrate von Mädchen ist hier die niedrigste des Landes und soll nun wesentlich verbessert werden. In manchen Regionen gehen nur zehn Prozent der schulpflichtigen Mädchen zur Schule. Landesweit sind es 35 Prozent. Die Kampagne "Zurück zur Schule" wird ebenfalls international unterstützt - unter anderem von Dänemark, Schweden, den USA und UNICEF. Entsprechendes Lernmaterial steht zur Verfügung. Gleichzeitig werden Schulen renoviert, neue eingerichtet - oft in Moscheen oder Privathäusern, um die Schule ins Dorf zu bringen.

Große Entfernungen vom Elternhaus sind ein häufiger Grund dafür, dass Mädchen zu Hause bleiben müssen. Den Lehrern und Lehrerinnen wird Fortbildung angeboten. Frauen aus den Dörfern werden in einem Schnellkurs zu Lehrerinnen für die Grundschule ausgebildet.

Rechte der Kinder

in Österreich

Der 20. September soll einmal im Jahr besonders auf die Lebenssituationen und die Schutzbedürftigkeit von Minderjährigen hinweisen. Der "Welttag des Kindes", vom Kinderhilfswerk UNICEF vor 50 Jahren ins Leben gerufen, soll zumindest nachdenklich machen.

Auch in Österreich sind nicht alle Rechte aller Kinder gewahrt. Verbesserung sind in vielerlei Hinsicht nötig: insbesondere beim Schutz vor sexuellem Missbrauch, vor körperlichen und seelischen Misshandlungen, beim Recht auf Entwicklung der Persönlichkeit und freie Meinungsäußerung, beim Schutz vor Drogen und Kriminalität.