Das ist ein neuer Zug bei der obersten steuerlichen Instanz: Sie setzt sich über die Rechtsprechung des Höchstgerichts hinweg und fegt auch die amtlichen Lohnsteuerrichtlinien des Finanzministeriums vom Tisch. Die Streitfrage: Sind Kindergartenkosten steuerabsetzbar?
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Der Fall in Stichworten: Salzburger Familie mit vier Kindern. Beide Eltern im Dienstverhältnis, weil sich's mit einem einzigen Einkommen einfach nicht ausgeht. Müssen deshalb auch das jüngste der Kinder (5) in einen Kindergarten schicken. Eltern beantragen Kindergartenkosten als Steuerabsetzposten, weil beide arbeiten gehen müssen und bei nur einem Einkommen drohende Existenzgefährdung der Familie zu befürchten wäre.
Kalte Abfuhr beim Finanzamt. Eiskalte Abfuhr beim obersten Finanzgericht, dem Unabhängigen Finanzsenat. Begründung: Die Ausgaben seien nicht berufsbedingt (keine Werbungskosten), aber auch keine außergewöhnlichen Belastungen. Kindergartenkosten seien einerseits heutzutage nichts Außergewöhnliches mehr, andererseits seien sie Ausfluss der elterlichen Unterhaltsverpflichtung, somit Teil der familiären Unterhaltskosten und als solche nicht absetzbar.
Mit dieser Wertung widerspricht der Finanzsenat der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, der Kindergartenkosten in Fällen einer sonst gegebenen Existenzbedrohung als außergewöhnliche Belastungen gewürdigt und steuerlich als relevant bezeichnet hat. Der Senat übergeht aber auch die bisher als Richtschnur angesehenen ministeriellen Lohnsteuerrichtlinien (mit ihren positiven Aussagen zu den Kindergartenkosten) und bezeichnet sie als "interne Weisungen" für nicht bindend. Diese Richtlinien werden den Steuerzahlern allerdings auch in dem jährlich vom Ministerium herausgegebenen "Steuerjahrbuch" präsentiert, das dadurch zu einer etwa unsicheren Informationsquelle wird.