Der neue Familienbund-Präsident Baier fordert ein steuerfreies Existenzminimum.
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"Wiener Zeitung": Sie wurden vor kurzem zum Präsidenten des Österreichischen Familienbundes gewählt. Wie kann man in einer so erfolgsorientierten Zeit wie heute die Lust auf Familie steigern?
Bernhard Baier: Das Wichtigste ist, dass wir erkennen, dass Kinder das Wertvollste sind, was wir haben. Wenn sie zum Lebenssinn werden, werden wieder mehr Kinder zur Welt kommen. Ihr Lachen ist nicht Lärm - es ist unsere Zukunftsmusik.
Die Einstellung ist der eine Aspekt. Wie aber kann man im Lichte des Sparpakets Eltern finanziell und politisch entgegenkommen?
Es muss im steuerlichen Bereich zu Verbesserungen kommen, es müssen die Geldleistungen im Familienbereich valorisiert und Kinderbetreuungsplätze im ausreichenden Maß geschaffen werden. Für Unter-Dreijährige muss das Angebot an Tagesmüttern aufgestockt werden.
Mehr Betreuungsplätze haben ja auch Arbeiterkammer und Industriellenvereinigung gefordert. Was sagen Sie zu deren weiteren Vorschlägen wie 210 Euro pro Monat plus ein 35-Euro-Gutschein für jedes Kind - unter dem Wegfall aller steuerlichen Begünstigungen?
Ich kritisiere daran, dass die Wahlfreiheit eingeschränkt wird, wenn man von Geld- auf Sachleistungen umstellt. So etwas wäre für mich ein absoluter Rückschritt. Die Erhöhung der Familienbeihilfe würde ich begrüßen.
Wie sieht Ihr Modell aus?
Wir glauben, dass man ein steuerfreies Existenzminimum pro unversorgtem Familienmitglied haben sollte - eine Art Steuerfreibetrag also, weil Familien mit mehr Kindern mehr Ausgaben haben. Unversorgte Familienmitglieder sind auch Jugendliche, die noch nicht erwerbstätig sind.
Soll dieser Betrag von der Höhe des Einkommens abhängig sein?
Nein, der Betrag würde für alle gleich sein - wir legen uns aber noch nicht fest, wie hoch genau.
Der Mehrkindzuschuss soll parallel dazu bestehen bleiben?
Er muss bleiben. Um die Verwaltung zu vereinfachen, könnte man alles in einem Gesamtsystem neu regeln.
Das heißt: Die Einstellung, mehr Betreuungsplätze und der finanzielle Anreiz würden Ihrer Ansicht nach die stagnierende Geburtenrate ansteigen lassen?
Ja. Und mehr Zeit für die Kinder, die wir mit der sogenannten Krisenkarenz ermöglichen wollen. Zum Beispiel, wenn die Kinder in die Schule eintreten, sollen die Eltern ähnlich wie bei der Bildungskarenz die Möglichkeit bekommen, sich der Familienarbeit widmen zu können. Ein Jahr lang oder deutlich kürzer.
Also Elternzeit für die Kinder. . .
Genau deshalb soll auch der Sonntag arbeitsfrei bleiben. Ein Tag in der Woche nur für die Familie, das muss es uns wert sein. Denn wenn wir die Familie nicht unterstützen, sterben wir aus. Da hat die Gesellschaft keine Zukunft. All das Geld, das ich aber jetzt in die Familie investiere, kommt doppelt und dreifach zurück. Das muss der öffentlichen Hand und der Gesellschaft auch in Zeiten des Sparens klar sein.
Zur Person
Bernhard Baier
Der 36-jährige Oberösterreicher ist seit November Präsident des Österreichischen Familienbundes und löste damit Andrea Gottweis ab. Er startete seine politische Karriere als Landesobmann der Jungen ÖVP. Seit 2007 ist er Landtagsabgeordneter in Oberösterreich.
Wissen
Der Österreichische Familienbund tritt seit 1951 als überparteilicher und überkonfessioneller Verein für die Interessen der Familien ein. Er vertritt sie im Familienpolitischen Beirat des Familienministeriums, im Elternbeirat des Unterrichtsministeriums sowie in den Beiräten in den Ländern.