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Ein regnerischer Nachmittag in Kopenhagen. Die Cafés sind überfüllt. Väter, denn dort ist das üblich, drängen sich mit Kinderwagen noch hinein. Alle machen Platz, lächeln freundlich. Ortswechsel: Wien an einem sonnigen Tag. Zwei Mütter mit Kindern suchen noch einen Platz in einem Schanigarten. Es ist nicht überfüllt, dennoch weicht niemand zurück, um die Frauen mit den Kindern Platz nehmen zu lassen. Ortswechsel: Barcelona. Eltern gehen mit einem Kleinkind die Ramblas entlang. Innerhalb einer kurzen Strecke fragen drei Frauen nach, wie denn die Kleine heiße und geben ihrer Verzückung ob des Kindes Ausdruck.
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Vielleicht täuscht der Eindruck. Aber man wird das Gefühl nicht los, dass die Kinderfeindlichkeit im deutschsprachigen Raum überproportional größer ist als anderswo in Europa. Zahlen gibt es dafür nicht. Vor kurzem wurden die Kinderrechte in Österreich in Verfassungsrang gehoben. Es handelt sich aber um eine relativ zahnlose Festschreibung.
Aber immerhin könnte diese Festlegung nun auch dazu führen, ein Kinderrechte-Monitoring einzuführen. Zwar gibt es keinen Quotienten, der die Einstellung zu Kindern misst, aber vielleicht könnte man sich einen solchen ja überlegen.
Alleine die Tatsache, dass es wegen Kinderlärms ständig Beschwerden gibt, lässt Böses ahnen. So wurden in einem Wiener Wohnhaus - privat geführt - aus dem Hof Sandkiste, Schaukel und Bank entfernt, damit der ansonsten ungenutzte Hof wieder ruhig ist.
In Deutschland kann Kinderlärm derzeit nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz als "schädliche Umwelteinwirkung" qualifiziert werden. Ein Gesetz, das vorsieht, dass künftig nicht mehr gegen Kinderlärm in Wohngebieten geklagt werden kann, ist bereits im Bundestag eingebracht. Die Bayern haben ein solches bereits beschlossen.
Juristen sehen die Gesetzeslage in Österreich differenziert. Während die einen argumentieren, dass in Österreich laut geltender Rechtslage Kinderlärm nicht ungebührlich und meist auch nicht störend ist, sagen andere, dass es immer wieder Anzeigen gibt, weil Kinderlärm am ortsüblichen Lärm gemessen wird. Wünschenswert wäre jedenfalls, diese rechtlichen Unschärfen auch in Österreich ein für allemal klarzustellen, damit sich Kinder wenigstens zu Hause und in Kinderbetreuungseinrichtungen kindgerecht - also laut - verhalten dürfen. Im Übrigen, so sagt eine Untersuchung des Instituts für Kinderrechte und Elternbildung, fühlen sich 6,4 Prozent der Kinder und Jugendlichen vom Lärm in ihrer Wohnung (auch durch Straßenlärm) so sehr belästigt, dass sie nicht schlafen können.
Siehe auch:Ein Holzzaun gegen Kinderlärm