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Kindermund tut irgendwas kund

Von Christina Böck

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Wahlkämpfe sind für Fernsehmacher immer eine herausfordernde Zeit. Jedes Mal soll ein neues nie dagewesenes Talkformat erfunden werden, das dem Wähler die Entscheidung leichter macht. Da kann es schon einmal passieren, dass einem Glanzstücke einfallen. Wie zum Beispiel eine Kandidatendiskussion ohne Moderator. Das hat sich ja bekanntlich nicht durchgesetzt. Im aktuellen deutschen Wahlkampf ist man nun auf das Kind gekommen. Sat1 hat Annalena Baerbock, Armin Laschet und Olaf Scholz in eine Schulklasse geladen, wo sie sich den Fragen von 8- bis 13-Jährigen stellten. Das Format ("Kannste Kanzleramt?") ist schon in anderen Ländern gelaufen, das Original heißt "Facing the Classroom", und Jacinda Ardern und Emmanuel Macron haben schon mitgemacht. Klingt originell und hat auch das Potenzial, einmal nicht die übliche Phrasendrescherei des politischen "Gesprächs" zu generieren. Mit der Originalität ist es freilich nicht weit her, wenn sich die Formate dieser Art plötzlich häufen. Zuletzt in der Show "Late Night Berlin", in der noch deutlicher als in "Kannste Kanzleramt?" die Kinder nur als Sprachrohre dienten. Das ist eine Instrumentalisierung von Minderjährigen, die bei Unterhaltungssendungen noch verzeihlich ist, in so einem Kontext aber doch eher grenzwertig.

Am Ende des deutschen Wahlkampfs kann man zumindest eins sicher sagen: Kein Spitzenkandidat, der sich nicht im Gespräch mit Kindern blamiert hat. Was genau das für die Entscheidungsfindung bringen soll, ist unklar.