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Kinderrechte im Krieg

Von Daniel Green und Paul Schwarzenbacher

Recht

Laut Unicef wurden mehr als die Hälfte der ukrainischen Kinder vertrieben - 4,3 Millionen im ersten Kriegsmonat.


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"Kinder sind die verwundbarsten Mitglieder jeder Gesellschaft und unser kostbarster Schatz", so Nelson Mandela anlässlich der Verleihung des Friedensnobelpreises im Jahr 1993. Da sich der seit 2014 bestehende Krieg in Teilen der Ukraine nun auch auf den Rest des Landes verbreitet hat, stellt sich die Frage, welche Rechte Kinder in einem Krieg haben. Laut Unicef sind mehr als die Hälfte der ukrainischen Kinder vertrieben worden, allein im ersten Kriegsmonat 4,3 Millionen Kinder, wovon 1,8 Millionen in benachbarte Staaten geflohen sind.

Wenn Staaten ihre Meinungsverschiedenheiten mit Gewalt zu lösen versuchen, spricht man von Krieg (und nicht von "Sonderoperation"). Die UN-Kinderrechtskonvention, der Russland als einer der ersten Mitgliedstaaten beigetreten ist, regelt in Artikel 38 den Schutz von Kindern bei bewaffneten Konflikten und die Einziehung zu den Streitkräften.

Ein Recht auf Familienzusammenführung

Dass es etwa ein Recht der Kinder auf Einrichtung von Fluchtkorridoren gibt, ergibt sich aus Art. 38 Abs. 4 der Konvention. Danach haben die Vertragsstaaten alle durchführbaren Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass von einem bewaffneten Konflikt betroffene Kinder geschützt und betreut werden. Darüber hinaus besteht unter anderem ein Recht auf Familienzusammenführung und Schutz unbegleiteter Kinder.

Neben den aus einem Krieg resultierenden Verletzungen oder sogar Todesfolgen müssen Kinder als Aggressionsopfer aufgrund der Flucht oft Hunger leiden. Weiters haben sie durch die mangelnde Möglichkeit, zur Schule zu gehen, eine schlechte Ausbildung und dadurch häufig Schwierigkeiten im späteren Berufsleben. Dies neben den seelischen Auswirkungen, die ein Krieg auf Kinder hat. So leiden 25 bis 35 Prozent der geflüchteten Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine unter schweren psychischen Belastungen, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vor kurzem berichtete.

Wesentlich ist, dass es keine "guten" und "bösen" Geflüchteten gibt, denn jedes Kind hat das Recht, in Frieden und Sicherheit aufzuwachsen. Die Würde des Menschen, und dazu gehören aufgrund ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit auch Kinder, ist unantastbar. Krieg ist ein Verbrechen, dem nur allzu gerne der Schein der Legalität gegeben wird.

Medizinische Versorgung muss stets gewährleistet sein

Doch gerade der Krieg im Osten trifft stets die Schwächsten am Härtesten, weil sie sich nicht verteidigen und manchmal auch nicht fliehen können. Das Bundesverfassungsgesetz (BVG) Kinderrechte ermöglicht den aus der Ukraine geflüchteten Kindern auch Ansprüche, vor allem ergeben sich diese aus dem Kindeswohlprinzip des Art. 1, der sich von der Bildung (etwa Sprachförderung in deutscher und ukrainischer Sprache) über die Gesundheit und Freizeit erstreckt. Dass Unbestimmtheit in kinderrechtlichen Bestimmungen niemals gegen das Kindeswohl ausgelegt werden darf, versteht sich von selbst. Hinzuweisen ist aber auch auf Art. 6 BVG Kinderrechte, wonach Schutz und Fürsorge allen Kindern zustehen, so auch Kindern mit Behinderung. Das betrifft etwa die medizinische Versorgung, die stets gewährleistet sein muss.

Schutz vor der Teilhabe von Kindern an Kriegen (in Russland, der Ukraine und anderswo) bietet das - den Art. 38 UN-Kinderrechtskonvention konkretisierende - "Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten", welches im Februar 2002 in Kraft trat und auch von Russland unterzeichnet und ratifiziert wurde. Dieses Fakultativprotokoll verurteilt etwa die auch im Krieg in der Ukraine stattfindende Tatsache, dass Kinder in bewaffneten Konflikten zu Zielen werden und völkerrechtlich geschützte Objekte, darunter Örtlichkeiten, an denen sich gewöhnlich eine bedeutende Zahl von Kindern aufhält, wie Schulen und Krankenhäuser, direkt angegriffen werden.

So wie Eltern beziehungsweise Erziehungsberechtigte eine Verpflichtung gegenüber dem Kind haben, so hat jeder Staat eine Verpflichtung gegenüber dem Kind, nämlich, seine Sicherheit, medizinische Versorgung und sein physisches und psychisches Wohlbefinden zu gewährleisten. Genauso wenig wie kindeswohlgefährdende Maßnahmen vom Erziehungsrecht gedeckt sind, sind auch "extrem negative" und "traumatische" Auswirkungen auf Kinder (so die Staatenberichte von Kolumbien, 2000, und Sri Lanka, 1995) ohne Maßnahmen der Vertragsstaaten zum Schutz der Zivilbevölkerung vom humanitären Völkerrecht gedeckt. Die Russische Föderation hat also eine Verpflichtung gegenüber Kindern in der Ukraine, was die Bombardierung von Schulen und Krankenhäusern besonders verwerflich erscheinen lässt.

Verstoß durch die 2016 gegründete Jugendarmee

Mit der Anhebung der Altersgrenze durch das Fakultativprotokoll für eine mögliche Einziehung von Personen zu den Streitkräften und ihre Teilnahme an Feindseligkeiten auf das vollendete 18. Lebensjahr wurde auch auf das Kindeswohl Rücksicht genommen. Ausnahmen von der zwangsweisen Einziehung sind bei der Anwerbung von Freiwilligen für staatliche Streitkräfte zugelassen. Auf Druck Großbritanniens, der USA, Russlands und Chinas wurde die Altersgrenze für sie auf 16 Jahre festgelegt.

Einen Verstoß gegen diese Bestimmung hat Russland bereits durch die im Jahr 2016 durch Präsidentenerlass gegründete Jugendarmee ("Junarmija") begangen, welche eine Kinder- und Jugend-Militär-Erziehungsorganisation ist. Der Verstoß ergibt sich daraus, dass dieser Organisation Kinder und Jugendliche bereits im Alter ab 8 Jahren angehören. Dass Russland nun seine Mitarbeit im Europarat beendet hat, lässt auch für die Rechte von Kindern nichts Gutes erahnen. Möge man sich in diesen Zeiten wieder an Mandelas Worte erinnern.

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