UN-Bericht zeigt weltweit verbreitetes Phänomen auf. Neben negativen Entwicklungen gibt es auch Erfolge.|Listet 23 militärische Konflikte auf, in denen Kinder als Kämpfer rekrutiert werden.
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Wien/New York. Die jüngsten Kämpfe im Irak haben nicht nur bewiesen, wie zersplittert das Land ist, sondern auch wieder ein globales Problem in den Vordergrund gebracht: Kindersoldaten. Der Terrorgruppe Isis, die bereits große Teile des Iraks besetzt hält, wird von NGOs vorgeworfen, bei ihrem Vormarsch auch Kindersoldaten einzusetzen.
Kindersoldaten werden heutzutage weiterhin überall in der Welt rekrutiert: "Kinder und bewaffnete Konflikte", der gestern veröffentlichte Bericht der UNO, listet insgesamt 23 militärische Konflikte auf, in denen Kinder als Kämpfer rekrutiert, vergewaltigt, gefoltert oder direkt angegriffen werden. Neben dem bereits lange bekannten Einsatz von Kindersoldaten in Konfliktregionen wie den Kongo und Somalia missbrauchen seit Neuestem auch die Islamisten der Terrororganisation Boku Haram in Nigeria Kinder für militärische Operationen. Laut UN-Bericht sollen die Terroristen zwölfjährige Kinder als Soldaten rekrutiert haben und sie anschließend für Anschläge - darunter das Anzünden von Kirchen und Schulen - eingesetzt haben. Im Lichte dieser Erkenntnisse sind die wiederkehrenden, massenhaften Kinderentführungen von Boku Haram besonders tragisch.
Isis greift verstärkt Schulen an
Allerdings stellt nicht nur die Rekrutierung selbst ein massives Problem dar. So haben die Angriffe der Terrorgruppe Isis auf Schulen und zahlreiche Bombenanschläge zahlreichen Kindern das Leben gekostet. Auch die Situation in Syrien und im Irak hat sich für Kinder verschärft. In diesen Ländern erhält Isis starken Zulauf. "Isis ist schon seit 2011 ständig in unseren Berichten. Diese Gruppe hat schon immer Kinder und gezielt auch Schulen und Krankenhäuser angegriffen. Wir beobachten aber, dass das in den letzten Monaten verstärkt geschieht", erklärt die UN-Sondergesandte Leila Zerrougui bei der Vorstellung des UN-Berichtes in New York. So sind 2013 im Irak mindestens 248 Kinder bei Anschlägen und Militäroperationen getötet worden.
Auch sonst offenbart der Report beunruhigende Zahlen: Insgesamt sollen letztes Jahr mindestens 4000 Kindersoldaten eingesetzt worden sein. Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich noch um ein Vielfaches höher.
Der UN-Report verzeichnet allerdings auch positive Entwicklungen. Die im März gestartete Kampange "Kinder, nicht Soldaten" will bis Ende 2016 die Rekrutierung von Kindersoldaten in nationalen Armeen stoppen. Erste Erfolge konnten bereits erzielt werden: Die Armee des Tschad hat alle Maßnahmen eines mit der UNO ausgearbeiteten Aktionplanes umgesetzt. Das zentralafrikanische Land ist nicht länger auf der Liste von Staaten angeführt, die Kindersoldaten einsetzt. Im Mai hat Jemen einen ähnlichen Aktionsplan unterschrieben.
Auch bewaffnete Gruppen geben immer häufiger öffentliche Stellungnahmen und interne Befehle ab, in welchen sie sich vom Einsatz von Kindersoldaten distanzieren. Der Kampf gegen die Rekrutierung von Kindersoldaten wird aber laut Experten nur durch ein globales Netzwerk von nationalen und internationalen Akteuren gewonnen werden. In solch einem Netzwerk spielt auch das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) eine bedeutende Rolle. "Wir kommen immer wieder mit ehemaligen Kindersoldaten in Kontakt, beispielsweise in unseren Flüchtlingslagern", erzählt Ruth Schöffl, Sprecherin des UNHCR in Wien, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Gemeinsam mit Partnerorganisation würde man sich um die Resozialisierung der Kinder bemühen. Neben der Resozialisierung würde das UNHCR laut Schöffl aber auch ein spezielles Augenmerk auf die Prävention, also auf den Schutz von Flüchtlingskindern vor der Rekrutierung, legen.
Vollständiger UNO-Jahresbericht "Children and Armed Conflict"