)
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Zlatan Jovanovic, das erste Retorten-Baby Österreichs, wird am 5. August 30 Jahre alt. 1982 war seine Geburt eine kleine Sensation. Heute leben fünf Millionen mit In-vitro-Fertilisation (IVF) gezeugte Menschen. Ohne sie gäbe es um fast so viele Erdenbewohner weniger wie Einwohner in der Slowakei. Allein dafür lohnen sich die Technik und ihre Liberalisierung, würde man meinen. Das österreichische Fortpflanzungsmedizingesetz aus 1992 spricht eine andere Sprache. Es gestattet IVF nur Ehepartnern und heterosexuellen Paaren in eheähnlichen Gemeinschaften. Wer keinen Partner hat, darf seinem Kinderwunsch nicht das entscheidende Stück nachhelfen. Ganz so, als würde die Sehnsucht nach Kindern erst entstehen, wenn ein passender heterosexueller Partner gefunden ist.
Als das Gesetz geschrieben wurde, galten Patchwork-Familien als Risiko. Mehr Ehen wurden geschlossen, aber weniger Scheidungen im Guten abgewickelt. Ein Leben als alleinerziehende Mutter wollte niemand, eines als alleinerziehender Vater war fast undenkbar, und Gespräche über unerfüllte Kinderwünsche fanden allenfalls unter vorgehaltener Hand ihr Publikum - ganz so, als müssten kinderlos gebliebene Frauen verstoßen und für impotent gehaltene Männer der Verachtung ausgeliefert werden. Bei fünf Millionen IVF-Babys und noch mehr Patchwork-Familien und Alleinherzieher/innen ist es Zeit, den Geist zu öffnen. Das Herz aller Dinge in dieser Angelegenheit ist, dem konservativen Flügel entgegenzutreten. Wie die Bioethik-Kommission empfiehlt, müsste die Regierung die IVF für einen breiteren Personenkreis öffnen.