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Walter Mixa verzichtet auf sein Amt als Bischof der Diözese Augsburg. Mehrere Zeugen werfen ihm vor, von ihm geschlagen worden zu sein, auch soll er Stiftungsgeld satzungswidrig verwendet haben. In der Geschichte der römisch-katholischen Kirche Deutschlands ist ein solcher Bischofsrücktritt unter öffentlichem Druck beispiellos und sorgt in konservativen Zirkeln für Dolchstoßlegenden. Für die Gesamtkirche ist er nur ein weiterer Mosaikstein im gegenwärtigen Aufräumprozess nach dem Bekanntwerden zahlreicher Fälle von Gewalt und sexuellem Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen.
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Zur Erinnerung: Heuer sind unter anderen bereits in den USA der Erzbischof von Miami, John C. Favalora, und in Irland der Bischof von Cloyne, John Magee, zurückgetreten, weil in ihren Diözesen nicht gegen pädophile Täter vorgegangen worden war. Wegen eigener Vergehen musste in Norwegen der Bischof von Trondheim, Georg Müller, seinen Platz räumen, in Österreich, 15 Jahre nach dem Fall Groer, immerhin ein Erzabt, Bruno Becker, Vorsteher des Benediktinerstiftes St. Peter in Salzburg.
Vorwürfe der Vertuschung wurden in zahllosen Diözesen, auch gegen Kardinäle im Vatikan, Tarcisio Bertone und William Levada, ja sogar gegen Papst Benedikt XVI. erhoben. Dessen um Schadensbegrenzung bemühter Brief an die Katholiken Irlands hat die Wogen noch nicht geglättet. In England wollen ihn militante Atheisten verhaften lassen, sein Festhalten am Zölibat und an einer strengen Sexualmoral wird zumindest mitverantwortlich für sexuelle Verfehlungen von Klerikern gemacht.
In dieser schweren Krise kann die katholische Kirche anscheinend agieren, wie sie will - es wird ihr alles als Verharmlosung und Scheinheiligkeit, als völlig unzureichende oder viel zu spät erfolgende Maßnahme ausgelegt. Dabei ist die Frage, ob der Anteil von Missbrauchstätern im Klerus wirklich höher ist als anderswo, nicht seriös entschieden. Fest steht allerdings, dass eine derart Wahrheit und Sittenstrenge einmahnende Institution wie die katholische Kirche hier und heute alles tun muss, um reinen Tisch zu machen, will sie nicht langfristig ihre gesamte Glaubwürdigkeit riskieren.
Fest steht aber auch, dass es keine Lösung des Problems Missbrauch ist, nur die katholische Kirche und vielleicht noch das Schulwesen (Beispiel Odenwaldschule) an den Pranger zu stellen und zum alleinigen Sündenbock zu erklären.
Das Delikt findet allerorten statt, insbesondere im Familienkreis, wo man Übergriffe oft nicht wahrhaben und im Fall des Falles mit mindestens ebenso großem Eifer wie in der Kirche oder im Schulwesen vertuschen will. Im Interesse aller derzeitigen und möglichen künftigen Opfer wäre jetzt der Zeitpunkt, um in Staat und Gesellschaft über wirksame Präventivmaßnahmen nachzudenken. Sehr wohl auch, aber nicht nur in der Kirche.
Siehe auch:Schläge, dann Rücktritt: Mixa geht