Den Dialog und das Miteinander, die Verantwortung und die Bereitschaft zum Teilen, all das stellt Johann Hurka, Sprecher der Plattform "Wir sind Kirche", in den Vordergrund seines Kirchenbildes.
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"Wir sind Kirche" ist aus dem Kirchenvolks-Begehren des Jahres 1995 entstanden. An der Spitze der Plattform standen schon Thomas Plankensteiner, Hubert Feichtlbauer und Ingrid Thurner. Der jetzige Sprecher ist Johann Hurka, Jahrgang 1951 und Postbediensteter aus Wien.
Hurka gibt nicht vor, das Rezept für eine rosige Kirchenzukunft zu besitzen: "Das Patentrezept hat, glaube ich, niemand. Es gibt Prozesse in der Gesellschaft, die von der Kirche nicht beeinflusst werden können, und wenn die Kirche darauf nicht einsteigt, wird sie dazu gezwungen." So gebe es die unvermeidliche Globalisierung, und die "Choreographie des Geschlechtertanzes" habe sich geändert, man müsse die neue Rolle der Frau akzeptieren.
Die Kirche, so Hurka, sei viel zu wenig reformfreudig: "Sie müsste nach entsprechender Analyse Angebote machen - basierend auf den Werten der Botschaft Jesu: ein Angebot an die Frauen, ein Angebot für den Umgang mit Macht, für den Umgang mit Scheitern und mit Konflikten, ein Angebot für den Umgang mit Vermögen. Danach lechzt die Gesellschaft. Die Kirchenleitung ist dazu aber nicht in der Lage." So habe er kürzlich die Information erhalten, dass der Katholische Laienrat beim Nuntius angefragt habe, was er tun könne und nur zur Antwort bekommen habe, man könnte sich gegen die Pille, gegen Kondome und gegen Scheidungen engagieren: "Fällt einem nichts Besseres ein als ein ganz schmales Segment der Sexualität, wo Laien etwas tun könnten."
Hurka sieht drei Möglichkeiten der Reaktion des Kirchenvolkes: Austreten, Rückzug in private religiöse Zirkel oder leidendes Verbleiben. Die Widerstandsbereitschaft nehme ab. Das zeige sich daran, dass man in St. Pölten nach Krenn auch einen konservativen Nachfolger bereitwillig akzeptiere. Bischof Klaus Küng habe vom Neubeginn gesprochen, aber es gebe keine Signale dafür. Man warte zumindest auf einen Schlussbericht der Visitation.
Dass Vorschläge zur Kirchenreform mit dem Verweis auf die Weltkirche, wo andere Probleme herrschten, abgetan werden, akzeptiert Hurka nicht. Wie "Wir sind Kirche" fordern schon auf der halben Welt Organisationen ähnliche Reformen: Mehr Mitsprache der Laien, Priesteramt für Frauen und Verheiratete, neue Bewertung von Sexualität.
An Kardinal Schönborn hat Hurka in jüngster Zeit, was er sehr positiv vermerkt, eine verstärkte Nachdenklichkeit wahrgenommen, möglicherweise auch eine Bereitschaft zu einem neuen Dialog. Und einen solchen hält Hurka für unentbehrlich: "Ohne Dialog wird es in der Kirche keine Lösungen geben."