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Kirche hofft auf eine Tendenzwende

Von Brigitte Pechar

Politik

43.855 Katholiken haben im Vorjahr die Kirche verlassen. | In Wien ist Zahl der Austritte auf niedrigstem Niveau seit 20 Jahren. | Wien. Sichtlich erleichtert hat die katholische Kirche am Dienstag einen "deutlichen Rückgang" bei den Austrittszahlen vermeldet. Nachdem im Jahr 2004 - das kirchenintern vom Sex-Skandal im St. Pöltener Priesterseminar geprägt gewesen war - mit 51.731 Kirchenaustritten österreichweit ein Rekordwert erreicht worden war, kehrten im Vorjahr 43.855 Katholiken ihrer Kirche den Rücken. Das bedeutet einen Rückgang von 15 Prozent. Trotzdem ist dies der dritthöchste Wert seit 1945.


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"Der Rückgang der Austritte freut uns", meinte der Sprecher der Erzdiözese Wien, Erich Leitenberger, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Allerdings sei das eine "bittere Freude", weil jeder Austritt einer zu viel sei.

Die Gründe für die Austritte könne man zwar nicht exakt feststellen, aber klar sei, dass der Ärger mit dem kirchlichen Personal - und da spreche man von der Pfarrsekretärin bis zum Papst - ein Anlass sei. Auch Glaubensfragen, so Leitenberger, würden eine Rolle spielen. Ein Problem ortet der Sprecher von Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Obwohl von den Bischöfen immer wieder darauf hingewiesen werde, dass diese Menschen Platz haben müssten, sei die Gemeindeebene oft nicht so gnädig.

Zahl der Wiedereintritte steigt seit zehn Jahren

Jedenfalls hofft Leitenberger, dass mit dem Rückgang der Kirchenaustritte eine endgültige Tendenzwende erreicht ist. Zuversicht lässt bei der Kirchenführung auch die seit zehn Jahren stetig steigende Zahl der Kirchenwiedereintritte aufkeimen. Im Vergleich zu 2004, wo in der Erzdiözese Wien 1281 Menschen wieder in die Kirche zurückgekehrt sind, waren es im Vorjahr 1300. Auch die Zahl der Taufen von Erwachsenen steigt.

Insgesamt zeigt sich eine Respiritualisierung und eine Wiederentdeckung der Kirche vor allem in den Städten. Das erinnert an die Zeit des Frühchristentums, das eine städtische Religion war. Die Heiden hießen im Lateinischen Pagani (Landbewohner).

Ein Wermutstropfen ist der Mangel an klerikalem Nachwuchs, vor allem in Tirol. Dort wird es in zehn Jahren nur noch 80 Priester geben.

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