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Kirchenmotor läuft auf Standgas

Von Hubert Feichtlbauer*

Politik

Vor zehn Jahren lief in Österreich das Kirchenvolks-Begehren an. Hubert Feichtlbauer, einige Jahre Vorsitzender der daraus entstandenen Plattform "Wir sind Kirche", analysiert die Lage der römisch-katholischen Kirche zu Ostern 2005.


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Der Motor stottert nicht mehr, läuft leidlich rund und ruhig, aber das gleichmäßige Summen verrät, dass er auf Standgas läuft. So etwa könnte man die momentane Situation der römisch-katholischen Kirche in Österreich beschreiben. Die Verbesserung des Erscheinungsbildes ist zuvörderst ein Verdienst des Wiener Erzbischofs. Mit dem Schalten tut sich Kardinal Schönborn aber noch immer schwer.

Der unübersehbare Kirchenstillstand hat freilich nicht zuletzt mit den Zuständen in Rom zu tun. Die maskenhafte Erstarrung des Gesichtes von Papst Johannes Paul ist zu einem Symbol für die ganze Kirche geworden. Ein neuer Papst wird neue Bewegung bringen. Dann wird sich zeigen, ob Christoph Schönborn das Wollen, die Kraft und den Mut hat, an neuen Weichenstellungen mitzuwirken.

Mit seinem entschlossenen Auftreten gegen Bischof Kurt Krenn hat der Kardinal, der gern im Einvernehmen mit dem steirischen Diözesanbischof Egon Kapellari, nach Möglichkeit aber im Konsens mit allen Amtsbrüdern handelt, zur Schaffung von Klarheit in der Diözese St. Pölten maßgeblich beigetragen. Die Empfehlung an den Vatikan, Bischof Klaus Küng als Apostolischen Visitator nach St. Pölten zu schicken, war ein diplomatisches Meisterstück, ermöglichte es doch die Argumentation, dort habe es sich nicht um einen Richtungsstreit in der Kirche, sondern um Fehlverhalten eines überforderten Bischofs gehandelt. Ob die Bestellung Küngs als Nachfolger glücklich war, muss sich erst zeigen. Nach außen bestachen sein Bemühen um Neuanfang ohne Ausgrenzungen und Bannflüche. Inhaltlich ist er der Konservative geblieben, der er immer gewesen ist: klug, freundlich, aber trocken und wenig flexibel. Schon hört man aus St. Pölten: "Kurzweiliger war es mit Krenn."

Für Krenns Amtskollegen sicher nicht. Denen ist in der Bischofskonferenz eine Last genommen worden. Von einem neuen Aufbruch kann freilich auch dort nicht die Rede sein. So versucht halt jeder nach besten Kräften in seiner Diözese, Erlaubtes in Bewegung zu halten. Die Stimmung der Nachkriegs- und Konzilsjahre, als Zehntausende Jugendliche im ganzen Land ihr Christus-Bekenntnis in die Lüfte schmetterten, sind vorbei. Immer besser wird die Freude vieler Christen am Christsein verborgen.

Kardinal Schönborn hat sich profiliert, indem er sachte, aber unübersehbar in die Fußstapfen von Kardinal König zu treten sich Mühe gibt: durch sorgsame Pflege ökumenischer Kontakte besonders zur Orthodoxie, klares Auftreten gegen Judenfeindlichkeit, Bekenntnis zu kirchlichen Blutzeugen gegen den Nationalsozialismus, Verständnis für Opfer des Kirchenrechts. In Fragen der Lehre ist auch er unverändert konservativ, aber rundum gesprächsbereit geblieben. Seine Vorliebe für neue innerkirchliche Bewegungen ("movimenti") ist bekannt, deren Engagement erfreulich, aber nach außen hin wenig sichtbar.

Das Gewicht der katholischen Kirche im öffentlichen Leben hängt immer stärker nur noch an der Autorität von Personen. Die Abnabelung vom Staat (und seinen Geldern) wird sich fortsetzen und eine an Beitragsschwund leidende Kirche doppelt treffen.

Zum Papst wird Christoph Schönborn diesmal nicht gewählt werden, obwohl er in weiten Teilen der Weltkirche als papabile gilt. Aber das Konklave wird sich nicht so schnell wieder einen Vierteljahrhundertpapst antun. Ob später einmal, wird von seinem Wirken im neuen Pontifikat abhängen. Und natürlich davon, was der Heilige Geist mit ihm vor hat.

* Der Autor ist katholischer Publizist und Buchautor (u.a. "Franz König - der Jahrhundert-Kardinal").