"Intelligente" Autos à la Knight Rider sind keine Zukunfts- | musik mehr: Autos, die auf die richtige Fahrgeschwindigkeit aufmerksam machen, sich im Stau intelligent verhalten oder dem Lenker die wichtigsten Informationen auf die Windschutzscheibe projizieren, sind im Handel. Toyota baut einen Prius, der sich automatisch einparkt, Mercedes bietet ein Pre-Safe-System an, dass schon vor einem Crash die ersten Sicherheitsmaßnahmen einleitet. Und es kommt noch besser: In Kürze werden Fahrzeuge nicht nur vorzeitig Hindernisse auf der Fahrbahn erkennen, sondern auch Lenker vorm Einschlafen warnen und auf die richtige Spurhaltung achten - derzeit heißt aber immer mehr Elektronik, leider auch immer mehr Pannen.
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Vier Augen sehen mehr als zwei! Warnende Hinweise über Stoppschilder, Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Fußgänger sind in Zukunft nicht nur dem Beifahrer vorbehalten. In Kürze könnte das die Elektronik übernehmen. Verkehrsströme lenken, leiten und sichern - das ist das Prinzip der Verkehrstelematik. GPS (Global Positioning System) und Multimedia-Applikationen machen es möglich. Eine interaktive Leitzentrale informiert den Fahrer über die gegebene Verkehrssituation, Tempolimits und eventuelle Gefahrenstellen.
Doch Information ist noch lange nicht alles. Viele der ausgeklügelten Systeme haben bereits die Möglichkeit, direkt in den Fahrprozess einzugreifen. Telematikapplikationen können beispielsweise mit "Intelligenter Geschwindigkeitsadaption" gekoppelt werden. Geschwindigkeitsübertretungen werden dann z.B durch einen erhöhten Gegendruck am Gaspedal signalisiert. Der Lenker behält jedoch weiterhin die Steuerungskompetenz.
Viele Hersteller bieten bereits serienmäßig intelligente Tempomaten an, die automatisch den Abstand zum Vordermann kontrollieren. Diese Abstandshaltefunktion ist jedoch durchwegs nur über einer Mindestgeschwindigkeit von 30 km/h aktiv. Ergänzend dazu werden derzeit radargestützte Systeme entwickelt, die den Geschwindigkeitsbereich von 0 bis 30 km/h abdecken. Entlastend wirken diese Systeme beispielsweise bei Staus, wo sie die Fahrtgeschwindigkeit automatisch an den Vordermann anpassen.
" . . . in 200 Metern rechts abbiegen . . ."
Technisch ausgereift sind mittlerweile sogenannte Head up displays. Damit werden dem Lenker die wichtigsten Informationen auf die Windschutzscheibe projiziert. Der Vorteil: Blicksprünge auf das Armaturenbrett werden vermieden und der Fahrer kann sich voll und ganz auf das Verkehrsgeschehen konzentrieren. Wer einmal nach Anweisungen eines guten, etwa im 5er-BMW angebotenen Navigationssystems in einer fremden Stadt unterwegs war, wird die per Head up-Display genau ins Blickfeld des Fahrer gespiegelten Informationen über Distanzen und Abbiegen nicht mehr anders übermittelt bekommen wollen.
Für Verkehrssicherheitsexperten begrüßenswert sind vor allem jene Systeme, die reine Information liefern, dabei aber nicht ablenken und nicht in das Fahrgeschehen eingreifen.
Kameras im Außenspiegel "sehen" im toten Winkel
Volvo bietet heuer ein so genanntes "Blind spot Information System" (Blis) an: Mit zwei in den Außenspiegeln integrierten digitalen Kameras wird der schlecht einsehbare Bereich im toten Winkel seitlich hinter dem Auto beobachtet. Nähert sich dort ein bewegtes Objekt, leuchtet eine Kontrolllampe auf.
Entwickelt werden auch so genannte "Enhanced Night Visions", die auf Infrarotbasis Hindernisse auf der Fahrbahn frühzeitig erkennen sollen. Ähnlich einem Nachtsichtgerät wird die Wärmestrahlung von einer Kamera aufgenommen und das Bild z.B. auf die Windschutzscheibe projiziert. Unterstützend kann dabei aktiv ein Infrarotscheinwerfer eingesetzt werden.
Informieren und warnen soll auch das "Lane Departure Warning". Die Forschung konzentriert sich dabei auf die automatische Fahrspurerkennung. Das Endprodukt soll den Lenker bei unruhiger Spurhaltung oder unzulässigem Spurwechsel warnen oder sogar die Führung übernehmen. Aktuelle Systeme konzentrieren sich hauptsächlich auf die Auswertung von Kamerabildern, die vor dem Fahrzeug aufgenommen werden. Hauptproblem der Entwicklung ist die teilweise schlechte Markierung von Fahrspuren, insbesondere des Fahrbahnrandes. Auch Verschmutzungen, Regen oder Schnee können die exakte Funktion beeinträchtigen.
Ähnlich der Fahrspurerkennung soll die sogenannte Aufmerksamkeitskontrolle den Fahrer vor Übermüdung und damit vor z.B. dem Abkommen der Fahrbahn warnen. Hier überwacht eine Kamera nicht die Fahrbahn sondern den Augenlidschlag. Der wiederum ist Indiz für Ermüdungserscheinungen.
Das Nahbereichsradar ist eine Entwicklung, die der Knight Rider-Vision der 80er Jahre tatsächlich nahe kommt. Nahbereichsradare rund um das Fahrzeug sollen wesentlich zur Erhöhung des Verkehrssicherheit beitragen. Sie schaffen in Zukunft eine Art Überwachungsgürtel, der sowohl bewegliche als auch statische Hindernisse erkennt. Anhand dieser Daten wird das Fahrzeug auf einen möglichen Crash vorbereitet und der Fahrer gewarnt. Notbremsung, Gurtstraffer, Airbag oder auch eine aktive Motorhaube zum Schutz von Fußgängern könnten so frühzeitig aktiviert werden.
Diese intelligenten Features erhöhen Fahrkomfort und Sicherheit - menschliches Versagen soll minimiert werden. Wer die Haftung übernimmt, wenn die Technik doch einmal versagen sollte, ist allerdings noch nicht geklärt.
Nachteil: Bald sind die meisten Pannen "elektronisch"
Sorgen auf dem Weg zum "intelligenten" Auto bereiten aber auch noch zwei andere Problemkreise: Elektronik- und Elektrikpannen machen bald zwei Drittel aller Autopannen aus, so eine Studie des ADAC.
Und: Um die Bedienung all der neuen Features ist ein regelrechter "Krieg der Knöpfe" entbrannt: Touchpad, Display, iDrive, Spracherkennung sind die Stichworte. Viele Wissenschafter sehen die Entwicklung der Eingabe und Steuergeräte für die immer vielfältigeren Funktionen moderner Autos eher skeptisch.
Die Forderung, bei gut angeordneten Cockpits müsse ein erfahrener Autolenker im Stande sein, alle Funktionen in einem Auto, die er braucht, ohne lange Lektüre einer Betriebsanleitung, aufzurufen, wird mittlerweile von den Herstellern wieder zunehmend ernster genommen. Bei DaimlerChrysler etwa hat man im Lauf der Zeit 600 elektronische Funktionen wieder entfernt - die keiner brauchte und daher auch keiner vermisst, wie man weise einräumt.
Und um die Pannenstatistik zu entlasten, müssten sich die Autobauer und Zulieferer auf einheitliche Standards der Bauteile und Funktionsweisen einigen - die Flugzeugbauer haben da bereits einen viel höheren Zuverlässigkeitsgrad erreicht.
Das Grundproblem de Mensch-Maschine-Interaktion aber bleibt laut Professor Detlev Zülke von der Technischen Universität Kaiserslautern aber die Tatsache, dass den Knöpfen, Schaltern und Displays ein Mensch gegenüber sitzt, dessen Fähigkeiten und Grenzen sowohl in feinmotorischer als auch in kognitiver Sicht seit Jahrtausenden nahezu gleich geblieben sind.
In ferner Zukunft sollte also doch eine Art KITT herauskommen, der auf Zuruf reagiert: Systeme mit automatisierter Spracherkennung sollen die Befehle aus dem Dialog heraus erkennen. Allein fährt er allerdings nicht - der Fahrer muss auch beim selbst einparkenden Prius zumindest noch drin sitzen bleiben.