Tauziehen um Budget 2011 geht vor Gerichtshof weiter. | Pensionisten und Behinderte setzen Protest fort. | Wien. Die Geburtstagsfeier fiel eher getrübt aus. Am gestrigen zweiten Jahrestag der rot-schwarzen Regierung riss die Beschwerdeflut gegen das von der Koalition beschlossene Budget 2011 nicht ab. Rollstuhlfahrer demonstrierten vor dem Kanzleramt, die Pensionistenvertreter wollen bis zum Parlamentsbeschluss am 22. Dezember "weiterkämpfen" und die Studenten kündigten erneut Proteste an. Dazu stehen jetzt mehrere Verfassungsklagen im Raum.
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Bei tiefwinterlichen Temperaturen haben Vertreter von Behinderten- und Entwicklungsorganisationen vor dem Kanzleramt im Rollstuhl sitzend gegen die Budgeteinschnitte in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, Soziales und Pflege protestiert. Im Pressefoyer des Parlaments mahnten fast zeitgleich Seniorenvertreter erneut Gespräche mit der Regierung in der kommenden Woche ein. Der Seniorenrat unter den Präsidenten Andreas Khol (ÖVP) und Karl Blecha (SPÖ) will vor allem die Neuregelung des Alleinverdienerabsetzbetrages trotz nachträglicher Abmilderung so nicht hinnehmen. "Wir werden weiter dagegen kämpfen", sagte Khol. Durch die teilweise Streichung "werden Tausende unter die Armutsgrenze katapultiert", wetterte Blecha.
Auch der Vorstand der Austrian Airlines (AUA), Peter Malanik, hat die beschlossene Flugticketabgabe heftig kritisiert: Diese sei "wirtschaftlich unsinnig" und gefährde die Drehscheibe Wien.
"Abmilderungen gingen nicht weit genug"
Andere Gruppierungen haben die Einbringung einer Verfassungsklage fest auf ihrer Agenda. Lenkt die Regierung nicht ein, wollen etwa Hochschülerschaft und katholischer Familienverband den Weg zum Verfassungsgerichtshof beschreiten, sobald die Gesetze im Jänner in Kraft treten. Auch der Vorarlberger Landeshauptmann Herbert Sausgruber (ÖVP) hält an der Klagsdrohung fest. Die Abmilderungen im Familienbereich seien zu wenig weit gegangen, deswegen wird die Vorarlberger Landesregierung den Verfassungsgerichtshof anrufen.
Die Opposition will das sowieso. Eine gemeinsame Beschwerde von FPÖ, BZÖ und Grüne wird es allerdings nicht geben. Die FPÖ wird die Verfassungsklage über die Kärtner Landesregierung einbringen. Dort haben die Kärntner Freiheitlichen das Sagen. BZÖ und Grüne bringen die Klage über das Parlament ein. Die Beschwerden richten sich gegen den Bruch des Vertrauens- und Gleichheitsgrundsatzes. Außerdem sei das Budget zu spät eingebracht worden.
Die Aussichten werteten Verfassungsexperten unterschiedlich. Eher "wenig Chancen" ortet Bernd-Christian Funk. Dazu seien die Einschnitte nicht groß genug. Nicht chancenlos sieht es Verfassungsrechtler Heinz Mayer. Laut Gerichtshof ist die Hälfte der Familienleistungen vom Staat zu tragen. Fällt man deutlich darunter, "gibt es ein Problem".