Meinl European Land-Nachfolgerin Atrium wegen Vergangenheit vor Gericht.
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Wien/Amsterdam. Die Aktie der an der Wiener Börse notierten Immobiliengesellschaft Atrium European Real Estate Ltd, Rechtsnachfolgerin der skandalumwitterten Meinl European Land (MEL), hat in den vergangenen zwölf Monaten mehr als ein Viertel ihres Kurses eingebüßt. Laut Online-Plattform Börseexpress lag der Kurs am frühen Donnerstagnachmittag bei 3,51 Euro je Aktie, macht ein Minus von 2,39 Prozent. Doch die offiziell auf der Kanalinsel Jersey domizilierte Atrium, die im neunten Stock des Towers C des World Trade Centers in der Amsterdamer Strawinskylaan 941 einen operativen Bürobetrieb unterhält, bietet nicht nur an der Börse eine unruhige Performance, sondern auch vor Gericht.
Denn - neben der Meinl Bank - wird auch Atrium bzw. ihre in Amsterdam wohnhafte Vorstandschefin Rachel Lavine vom Wiener Prozessfinanzierer AdvoFin mit Klagen eingedeckt.
"Früher haben wir einzelne Klagen eingebracht, jetzt bündeln wir diese. Im Monat sind es an die 20 bis 30", sagt AdvoFin-Vorstand Franz Kallinger zur "Wiener Zeitung". "Sie betreffen jene Anleger, die die Zertifikate der Meinl European Land ab Februar 2007 gekauft haben. Es geht insgesamt um rund 480 Klagen, die wir bis Herbst einbringen werden." Nachsatz: "Atrium ist deshalb ein Haftungsadressat für uns, weil das Unternehmen für das Unterlassen von Ad-hoc-Meldungen verantwortlich ist." Diese bestreitet das vehement.
So soll MEL/Atrium die Kapitalerhöhung (1,5 Milliarden Euro) im Februar 2007 als vollständig platziert kommuniziert haben, obwohl die Meinl Bank über die Gesellschaft Somal und mit MEL-Geldern mutmaßlich geheim gehaltene Rückkäufe von Zertifikaten (rund 620 Millionen Euro) durchgeführt hat. MEL/Atrium sei für diese irreführende und unrichtige Ad-hoc-Meldung verantwortlich, behauptet AdvoFin-Anwalt Ulrich Salburg in den Klagen. Auch eine Haftung wegen der irreführenden MEL-Werbung wird Atrium angelastet.
Vorwurf Marktmanipulation
"Ohne diese Marktmanipulation wäre der Kurs bereits vor Erwerb durch den Kläger gefallen und er hätte nicht in MEL investiert", lautet die AdvoFin-Argumentation vor dem Handelsgericht Wien. Die Vorwürfe werden bestritten. "Die Klage ist in jeder Hinsicht unschlüssig. Es fehlt jegliche Anspruchsgrundlage", kontern die Atrium-Anwälte in einer jüngsten Klagebeantwortung (Aktenzahl 58 Cg 88/12t). Auch habe Atrium ihren Sitz in Jersey, habe keine Betriebsstätte in Österreich und somit seien die österreichischen Gerichte nicht zuständig. Doch diesen Einwand hat der Oberste Gerichtshof unter der Aktenzahl 8 Ob 17/12a längst widerlegt. Dieser hat bereits Ende Februar 2012 entschieden, dass eine Klagszustellung an die Amsterdamer Wohnadresse von Atrium-Chefin Rachel Lavine zulässig ist, weil von Atrium nicht behauptet wird, Lavine sei zur Empfangnahme solcher Schriftstücke nicht befugt. Da Jersey nicht zur EU gehört, ermöglicht die Klagszustellung in Amsterdam (nach EU-Recht) AdvoFin die Prozessführung in Österreich.
Apropos Unschlüssigkeit der Klagen: In besagtem OGH-Urteil heißt es, dass die angeführten Kläger ihr "konkretes Vorbringen gegen Atrium als mutmaßlicher Mit- und Beitragstäter für die geltend gemachten Veranlagungsschäden ausreichend erstattet" haben.