Kunststudenten wollen abgewracktes Schiff "Johann Strauss" am Samstagnachmittag besetzen.
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Wien. Der Donaukanal ist Vergangenheit. Neue Donau soll der grünbraune Fluss, der sich durch die Stadt windet, stattdessen genannt werden. So wollen es die Verantwortlichen der Stadt. So sieht es das Partyvolk, das bei Biofisch und Cocktails auf dem Sonnendeck oder auf aufgeschüttetem Sand in der Sonne brutzelt. Das Wort Kanal steht hingegen für die grauen Jahrzehnte, als sich an die seelenlosen Ufer des Stadtflusses höchstens ein paar Hundebesitzer mit ihren Vierbeinern wagten.
Ein Relikt aus dieser Zeit ist der ehemalige Dampfer "Johann Strauss", der bei der Marienbrücke vor dem Schwedenplatz ankert. Seitdem die Behörden das 164 Jahre alte Schiff vor vier Jahren wegen "Gefahr im Verzug" sperrten, verfällt es. Ein jahrelanger, noch andauernder Gerichtsstreit zwischen der Stadt und dem langjährigen Besitzer Norbert Weber folgte. Es geht um nicht bezahlte Gebühren. Das Ziel der Stadt: Der "Schandfleck" der Neuen Donau muss entsorgt werden. Ob die Stadt den ehemaligen Dampfer tatsächlich pfänden darf, bleibt abzuwarten.
Zugänglich für die Allgemeinheit
In der Zwischenzeit haben sich Studenten der Akademie der Bildenden Künste zusammengetan. Sie wollen das Schiff besetzen und es als Kunstraum nützen. Am Samstag ab 16 Uhr haben sie eine Demonstration angekündigt, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. "Es soll vor allem darum gehen, im Rahmen eines Begegnungswochenendes einen ersten Überblick der geplanten Nutzungskonzepte der Allgemeinheit zugänglich zu machen", heißt es von den Studenten. Begleitet werde die Aktion von einem musikalischen, kulinarischen und künstlerischen Rahmenprogramm.
Zur Diskussion über eine künftige Nutzung des abgewrackten Schiffs seien "alle Interessierten" eingeladen, heißt es weiter. Es gehe um die Verwirklichung von Utopien in künstlerischer wie auch politischer Hinsicht. In Richtung Stadtverwaltung erklären sie: "Eine Politik, die jeder Art von scheinbar utopischer Vision den Arzt empfiehlt, dequalifiziert sich selbst."
Die Kunststudenten hoffen darauf, dass das Gericht einer Pfändung durch die Stadt zustimmt. Zum symbolischen Preis von einem Euro wollen sie dann das Schiff erwerben. Das Geld für die Renovierungskosten möchte man per Crowdfunding aufstellen. "Die Stadt hatte mit dem Schiff schon ausreichend finanzielle Scherereien und die Hoffnung ist groß, dass ein für alle Beteiligten zufriedenstellendes Nutzungskonzept gefunden werden kann", sagen sie.
Wo das Schiff dann stehen wird, ist nebensächlich. "An sich würde der Donaukanal an einigen Stellen zwischen Schwedenplatz und Spittelau ausreichend Tiefgang haben," heißt es. Angedacht seien aber auch Plätze an Land. Darunter im Museumsquartier, im Prater, am Nordbahnhof oder auf der Wiese vor der U-Bahnstation am Margaretengürtel.
Stadt: "15 Jahrezu spät"
Vonseiten der Stadt zeigt man sich skeptisch. "Die Chancen, diese Anlage wieder zu restaurieren, schätze ich als gering ein, nicht nur mit Crowdfunding, sondern auch wenn man vermögend wäre", sagt Martin Jank, Geschäftsführer des zuständigen Wiener Gewässer Managements. "Da sind sie 15 Jahre zu spät dran. Das Schiff ist heute wie eine Fassade, dahinter ist nichts." Außerdem sei der ehemalige Dampfer nicht schwimmfähig. Es werde daher "schon Abenteuer genug sein", das Schiff abzuschleppen.
Ob sich die Stadt vorstellen kann, das Schiff an die Gruppe zu verkaufen? "Das Schiff gehört nicht der Stadt, es ist gerichtlich gepfändet. Ich kann daher nicht sagen, ob wir es verkaufen oder nicht", erklärt Jank. Er fügt hinzu: "Von unserer Seite gibt es kein Aufatmen, dass sich endlich wer dafür interessiert. Die Stadt bemüht sich schließlich seit vielen Jahren, diesen Schandfleck von dort wegzubringen."
Eine Neugestaltung des Schiffs sei auch aus einem anderen Grund schwierig. "Es gibt vor Ort nur eine Bewilligung für genau diese Anlage", sagt Jank. Für einen Umbau würde man hingegen wieder eine neue Bewilligung brauchen.
Für den langjährigen Besitzer Norbert Weber ist eine Besetzung zwar rechtswidrig. Gegen ein Kunstprojekt gebe es aber nichts zu sagen. Einzig: "Kunst ohne Aggression ist immer besser, als Kunst mit Aggression."