Niederlage des serbischen Blocks. | Weg für Reformvorhaben ist frei. | Podgorica. In Montenegro hat Ministerpräsident Milo Djukanovic die Parlamentswahl vom Sonntag klar gewonnen. Seine Zwei-Parteien-Koalition "Für ein europäisches Montenegro" errang knapp 49 Prozent der Stimmen. Ob dieses Ergebnis auch für die absolute Mandatsmehrheit reicht, steht noch nicht fest, weil ein offizielles Endergebnis noch nicht vorliegt. Daher ist noch unklar, ob die Koalition aus Djukanovics "Demokratischer Partei der Sozialisten" und den Sozialdemokraten 40 oder 41 der insgesamt 81 Parlamentssitze gewonnen hat. Offen ist noch die Verteilung einiger Mandate südlich der Hauptstadt Podgorica im Gebiet der albanischen Minderheit. Montenegro hat nur 485.000 Wähler, selbst wenige hundert Stimmen können Mandatsverschiebungen bringen. Das Votum verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle, die Wahlbeteiligung lag bei 70 Prozent.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Parlamentswahl war die erste seit dem Referendum Ende Mai, das zur Auflösung des Staatenbundes mit Serbien und damit zur Unabhängigkeit Montenegros führte. Diese Unabhängigkeit hat Milo Djukanovic seit etwa sechs Jahren konsequent und gegen den hinhaltenden Widerstand aus Brüssel und Belgrad erreicht. Die Euphorie nützend gelang es ihm nun, neuerlich eine Wahl in Montenegro zu gewinnen.
Selbst ohne absolute Mehrheit könnte der 44-jährige Ministerpräsident mit einer der Kleinparteien problemlos weitere vier Jahre regieren. Mögliche Koalitionspartner sind vier Parteien der albanischen Minderheit, die je ein Mandat erreichten, oder die Liberale Partei. Diese kandidierte gemeinsam mit einer Partei der Bosniaken und verfügt im Parlament nun über drei Sitze.
Serben als Verlierer
Besiegelt hat die Parlamentswahl auch die Auflösung des einst recht homogenen pro-serbischen Blocks in drei Parteien. Die ultranationalistische "Serbische Liste" wurde mit 12 Sitzen stärkste Oppositionspartei. Die gemäßigten Nationalisten unter Predrag Bulatovic erreichten nur 11 Mandate und sind damit die klaren Verlierer der Wahl. Mit zu den Gewinnern zählt dagegen die PZP, die "Bewegung für den Wandel" unter Nebojsa Medojevic. Sie kandidierte zum ersten Mal und gewann ebenfalls 11 Mandate.
Bis zu den nächsten Wahlen will Milo Djukanovic Montenegro reif für den Beitritt zu EU und Nato gemacht haben. Noch heuer dürfte das Land in das Nato-Programm "Partnerschaft für den Frieden" aufgenommen werden und den Vertrag mit der EU über Assoziation und Stabilisierung unterzeichnen. Diese "Ermutigung" will die Regierung für eine substantielle Annäherung an EU und Nato nutzen. Dieses Ziel ist zweifellos ehrgeizig; doch Montenegro hat nur 620.000 Einwohner und verfügt über eine stabile Mehrheit, die zu raschen und konsequenten Reformen fähig sein könnte.
Ob diese Reformen allerdings noch von Milo Djukanovic durchgezogen werden, ist offen. Denn der längst dienende Spitzenpolitiker des Balkan denkt ernsthaft daran, sich - am Höhepunkt seines Erfolges - aus der Politik zurückzuziehen.
Zur Person
In seiner politischen Laufbahn hat der 1962 geborene Milo Djukanovic noch nie eine Wahl verloren. Seit 17 Jahren gehört er zur montenegrinischen Führungsspitze, seit 16 Jahren war er immer entweder Premier oder Präsident des 620.000-Einwohner-Landes. Davor war er das jüngste Mitglied der letzten jugoslawischen kommunistischen Führung. Bis 1997 ein treuer Bündnispartner von Slobodan Milosevic, wurde er nach dem Bruch zum montenegrinischen Präsidenten gewählt.