Selenskyj zu Gipfel in Japan eingetroffen.
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In Jakutien liegt Russlands glitzernder Reichtum im Boden. In der Provinz im Nordosten betreibt der Konzern Alrosa den Großteil seiner Minen und gräbt Jahr für Jahr Millionen Diamanten aus. Das Geschäft lohnt sich: Alrosa ist weltweit der größte Edelsteinproduzent. Der Umsatz des Konzerns betrug 2021 fast vier Milliarden Euro.
Alrosa pflegt ein Naheverhältnis zum Kreml: Geschäftsführer Sergej Iwanow ist ein Vertrauter von Präsident Wladimir Putin. Und die Bindung von Alrosa zur russischen Armee dokumentiert allein der Umstand, dass der Konzern Ausrüstung für das Heer sponsert, wovon ein U-Boot mit dem Namen "B-871 Alrosa" beredtes Beispiel ist.
Nun wollen aber die Industrienationen der G7 bei ihrem Gipfel im japanischen Hiroshima, der am Freitag begonnen hat und drei Tage dauert, die Maßnahmen gegen Russland weiter verschärfen, um Moskau die Finanzierung des Angriffskrieges gegen die Ukraine noch mehr zu erschweren. Dabei ist ein Ziel Russlands Geschäft mit den Diamanten.
Maßnahmen gegen Handel mit Diamanten
Die USA, Kanada, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien verkündeten, dass sie Maßnahmen auf den Weg bringen, die den Handel mit in Russland geschürften, verarbeiteten oder hergestellten Diamanten einschränken. Dazu wollen sie mit anderen Staaten zusammenarbeiten, um eine wirksame Umsetzung zu erreichen und etwa durch Rückverfolgungstechnologien eine Umgehung der Sanktionen zu verhindern.
Die G7 sind aber nur ein Bündnis und keine politische Institution wie etwa die Europäische Union. Sie können daher nur über Sanktionen beraten und diese gemeinsam vorbereiten. Deren Umsetzung unterliegt dann den einzelnen Staaten oder eben der EU.
Und in dieser war der russische Diamantenhandel zwar schon öfters Thema, doch Sanktionen hat Brüssel in diesem Bereich noch nicht beschlossen. Vor allem Belgien stand dabei auf der Bremse - schließlich läuft der Diamantenhandel in Europa über Antwerpen. Von dort war auch immer wieder das Argument zu hören, dass derartige Sanktionen nichts brächten, weil der Diamantenhandel sich dann eben in den arabischen Raum oder nach Indien verschieben würde. Mit der Rückverfolgungstechnologie wollen die G7 es nun aber erschweren, dass Diamanten über diesen Umweg doch in den Westen kommen.
Generell war es bei dem Gipfel Thema, wie die Umgehung von Sanktionen vermieden werden kann. Untersuchungen haben nämlich gezeigt, dass die Exporte in Länder, die an Russland grenzen, massiv gestiegen sind - das ist wohl kein Zufall, viele Waren werden so ihren Weg nach Russland finden.
Aufforderung zur Kooperation statt Putin
Eine zweite Baustelle sind Staaten, die weiter Handel mit Russland treiben - etwa Indien, das nun in großen Mengen russisches Öl kauft. Hier hatten im Vorfeld vor allem die USA schärfere Maßnahmen, etwa über Sekundärsanktionen, ins Spiel gebracht.
Doch darauf verzichten die G7 nun. Vielmehr betonen sie in einer ersten Erklärung, dass sie mit verschiednen Staaten zusammenarbeiten und sie "ermutigen" wollen, Sanktionsumgehungen zu vermeiden. Es ist ein Balanceakt, den die G7-Länder hier vollführen müssen: Sie wollen Länder des globalen Südens wie etwa Südafrika, Indonesien oder Brasilien auch an die Russland-Sanktionen binden. Doch eben diese Länder drohen erst recht in die Nähe von Russland oder auch China zu rücken, wenn die G7 zu viel Druck auf sie ausüben.
Wo sie selbst die Zügel in der Hand haben, wollen die G7 diese aber noch einmal kräftig anziehen. Erstmals sprechen sie nun auch die Importe von russischen atomaren Brennstäben an, dessen Sanktions-Listung Frankreich wegen seiner Atomindustrie im EU-Rahmen bisher verhindert hat. "Wir werden die Abhängigkeit von zivilen nuklearen und verwandten Gütern aus Russland weiter verringern und dabei auch Länder unterstützen, die sich um eine Diversifizierung ihrer Lieferungen bemühen", heißt es in einer Erklärung. "Wir werden auch die Bemühungen fortsetzen, Russlands Einnahmen aus Metallen zu verringern." Außerdem wollen die G7-Staaten weiterhin die Preisobergrenzen für Erdöl und Erdölprodukte aus Russland aufrechterhalten. Eine Umgehung dieses Preisdeckels soll verhindert werden - möglichst ohne Schäden für die globale Energieversorgung. Überhaupt soll Russland immer schwerer an Güter herankommen, die es für seine Kriegsmaschinerie braucht. Die Ausfuhr von Industriemaschinen, Werkzeugen und andere Technologie, die Russland für seine Armee benötigt, soll unterbunden werden.
So ist der Gipfel von einem großen Bekenntnis zur Ukraine getragen. Die G7 versichern dem überfallenen Land weitere militärische und finanzielle Unterstützung zu, auch für das Jahr 2024. Zudem bestehen sie auf einem "vollständigen und bedingungslosen Abzug" Russlands aus der Ukraine. "Dies muss in jedem Friedensaufruf enthalten sein", betonen die westlichen Industrienationen. Damit liefern die G7 auch einen klaren Standpunkt für die verschiedenen Friedensinitiativen, die derzeit von Brasilien, der Arabischen Liga bis zu China vorgebracht werden.
USA bilden Kampfjet-Piloten für F-16 aus
Am Gipfel wurde außerdem bekannt, dass US-Präsident Joe Biden Grünes Licht für die Ausbildung ukrainischer Piloten an Kampfjets vom amerikanischen Typ F-16 gegeben hat. Das sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter am Freitag im japanischen Hiroshima. Eine Entscheidung über eine Lieferung von Kampfjets an die Ukraine solle zu einem späteren Zeitpunkt folgen.
Biden habe die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten bei den Beratungen am Freitag informiert, dass die Vereinigten Staaten "die Ausbildung ukrainischer Piloten an Kampfflugzeugen der vierten Generation, einschließlich der F-16, unterstützen werden", sagte der Regierungsbeamte. Während die Ausbildung laufe, werde die Koalition von Ländern, die sich an dieser Anstrengung beteilige, entscheiden, "wann wir tatsächlich Jets bereitstellen, wie viele wir bereitstellen und wer sie bereitstellen wird".
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(klh)
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist zum G7-Treffen in Japan eingetroffen. Er kam am Samstag in einem französischen Regierungsflugzeug auf dem Flughafen in Hiroshima an, das ihn von Saudi-Arabien nach Japan brachte. Selenskyj nahm dort am Gipfeltreffen der Arabischen Liga teil, um für die Unterstützung seines Landes gegen den russischen Angriffskrieg zu werben. Er will am Sonntag an den Beratungen der G7-Staaten teilnehmen.