Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Aha. Am Mittwochabend haben also Angela Merkel und Monsieur le President, Nicolas Sarkozy, mit Griechenlands politischer Führung endlich doch noch Klartext geredet. Schluss mit leeren Versprechungen, man wolle endlich Taten sehen. Und prompt fiel es den Griechen tatsächlich wie Schuppen von den Augen, jedenfalls überschlagen sich seitdem die politischen Ereignisse in Athen.
Dinge, die seit dem Ausbruch der Krise vor drei Jahren nicht möglich waren, gehen jetzt plötzlich fast schon locker von der Hand. Sogar die konservative Opposition, die bis dahin aus unerfindlichen Gründen felsenfest der Überzeugung war, das ganze griechische Drama gehe sie rein gar nichts an, erklärt sich nun bereit zum längst geforderten nationalen Schulterschluss.
Na also, denkt sich da der einfache Beobachter, es geht ja doch.
Bleibt nur die zugegeben irritierende Frage: Was, bitte schön, haben denn bisher Merkel, Sarkozy und all die anderen mit dem griechischen Premier gesprochen, etwa keinen Klartext?
So gesehen müsste man Papandreou fast dankbar für seine Ankündigung eines Referendums über das Hilfspaket sein. Wer weiß, wie lange Europas Führungspolitiker ohne diese peinliche Bloßstellung noch gebraucht hätten, um Athen die ganze Dramatik der Situation deutlich zu machen? Und zwar unzweideutig eindeutig.
Die Ankündigung einer Volksabstimmung wirkte auf die Darsteller im griechischen Drama wie eine Katharsis. Wahrscheinlich ist überhaupt erst jetzt ein Gelingen des Wiederaufbauprojekts möglich, nachdem alle Beteiligten aufgehört haben, die Lage, in der sie sich befinden, schönzureden. Selbst dann, wenn diese Wahrheit manchen politisch unzumutbar erscheint.
Giorgos Papandreou wollte mit einem waghalsig wahnwitzigen Plan sein politisches Überleben sichern. Dieser Versuch ist spektakulär gescheitert. Gut so, hat er doch seine persönlichen Interessen höher bewertet als das größere Ganze.
Silvio Berlusconi hat die genau gleiche politische Prioritätensetzung. Auch er riskiert lieber einen Crash Italiens, statt sich selbst das politische Scheitern einzugestehen. Die dafür fällige Rechnung wird mit jedem Tag verschleppter Reformen teurer. Zu glauben, dass nur die Italiener zur Kasse gebeten werden, ist ein mittlerweile fast schon sträflich naiver Irrglaube.