Erleichterung bei EU-Befürwortern. | Reformwerk kann in Kraft treten. | Prag. Sollte es gestern Vormittag quer durch Europa kräftig gedonnert haben, so war das der Stein, der sämtlichen pro-europäisch gesonnenen Politikern vom Herzen gefallen ist. | Der Lissabon-Vertrag im Wortlaut | Die wichtigsten Neuerungen auf einen Blick | Dossier - Die Ratifizierung des EU-Reformvertrages | Ein Pyrrhussieg für Václav Klaus? | Porträt Pavel Rychetsky
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Zunächst hat das tschechische Verfassungsgericht in Brünn entschieden, dass der Lissabon-Vertrag im Einklang mit der Verfassung stehe. Wenig später dann die Überraschung: Tschechiens Präsident Vaclav Klaus, der seine Unterschrift bisher verweigert hatte, ratifizierte den EU-Vertrag, der nun in Kraft treten kann. Alle 27 EU-Länder haben ihn unterzeichnet.
Die Erleichterung stand vielen bereits nach der Entscheidung der Brünner Richter ins Gesicht geschrieben,. "Ich liebe das Verfassungsgericht und werde ihm bis zu meinem Tode dienen," lachte der Vorsitzende der tschechischen Grünen, Ondrej Liska. Etwas trockener reagierte Premier Jan Fischer: "Das letzte Hindernis ist bewältigt, einer Vollendung der Ratifizierung steht nichts mehr im Wege". Ex-Aussenminister Karl Schwarzenberg beschwor einen Imagewandel der Tschechen in Brüssel herauf: "Jetzt, wo diese unendliche Peinlichkeit zu einem Ende kommt, haben wir die Möglichkeit, uns voll in die Arbeit in Europa einzubinden, unser Image zu verbessern und ein erfolgreiches und geachtetes Mitglied der EU zu werden."
Letztes Aufbäumen
Das Lager der Lissabon-Gegner will sich aber immer noch nicht geschlagen geben: "Wir erwägen die Möglichkeit, uns beim europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg zu beschweren", so Senator Jiri Oberpfälzer, der den Einklang zwischen tschechischer Verfassung und Lissabon-Vertrag beim Verfassungsgericht angezweifelt hatte. Strassburg, so Oberpfälzer, könnte ja nachprüfen, ob das Verfassungsgericht in einem gerechten Prozess zu seinem gestrigen Urteil gelangt ist.
Unzufriedenheit vor allem beim obersten EU-Gegner, Vaclav Klaus: Tschechien höre nun auf, ein souveräner Staat zu sein, so der Präsident. Einen Teilsieg hat Klaus, der prinzipiell gegen eine weitere EU-Integration ist, schon mit der Ausnahme Tschechiens von der Menschenrechtscharta errungen, die Tschechien vor eventuellen Restitutionsforderungen vertriebener Deutscher schützen soll. Dass Klaus den Lissabon-Vertrag unterschreiben muss, war klar. Dass er das mit einer derartigen Schnelligkeit tun würde, nicht.