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"Sensation", "Wunder Island" - mit viel Be- und Verwunderung wurde zuletzt die erstmalige Qualifikation eines isländischen Herren-Fußball-Teams für eine EM zur Kenntnis genommen. Nachdem man in der Vorwoche die Niederlande mit einem 1:0-Sieg ins Jammertal geschossen hatte, reichte am Sonntag ein 0:0 gegen Kasachstan für die Premiere, die auf den zweiten Blick so verwunderlich gar nicht ist. Denn Island mag zwar an Bevölkerung klein sein, ist im (Ball-)Sport aber seit jeher ganz schön oho. Die Handballer sind seit langem in der (erweiterten) Weltspitze, die Basketballer spielen gerade bei der EM. Und die Fußballer profitieren nun nicht nur von ihrer generellen Sportbegeisterung, sondern von der Infrastruktur- und Nachwuchsoffensive, der man sich rund um die Nullerjahre verschrieben hat. So gut wie jede kleinere Stadt verfügt über Sporthallen und/oder Kunstrasenplätze, in und auf denen das ganze Jahr über trainiert werden kann, die Jugend über die höchstqualifizierten Trainer, die ihr jenes technische und taktische Rüstzeug mitgeben, mit dem die talentierten Kicker - auch mangels Attraktivität der eigenen Liga - rasch den Sprung zu größeren europäischen Klubs schaffen. Und mit dem Schweden Lars Lagerbäck hat man sich 2011 einen Coach geholt, der dem A-Team ein klares Konzept und eine Siegermentalität verpasst hat, die die alte Leier, der sich kleinere Fußball-Nationen gerne hingeben - hinten reinstellen und Schadensbegrenzung betreiben -, gar nicht erst aufkommen lässt. Für die Zukunft will man diesen Weg konsequent weitergehen: Wenn Lagerbäck nach der EM seinen Ruhestand antritt, steht wohl sein jetziger Assistent Heimir Hallgrímsson bereit. In Sachen fußballerische Entwicklung kann damit ausgerechnet das an Einwohnern gemessen winzige Land vielen vermeintlichen Großmächten als Vorbild dienen. Und das ist der eigentliche Sieg der Inselkicker.