Beide waren schon einmal im Parlament vertreten; beiden werden eher geringe Chancen eingeräumt, neuerlich in den Nationalrat einzuziehen. Die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) und das Liberale Forum (LIF) werben neben vier anderen Parteien bundesweit um WählerInnenstimmen. Während die einen zur Verteidigung des Sozialstaats und zum Privatisierungsstopp aufrufen, machen sich die anderen für "mehr Selbständigkeit und Wirtschaft" stark. Und das Argument der "verlorenen Stimme" lassen beide nicht gelten.
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Programmatisch haben sie so gut wie gar nichts gemeinsam. Dennoch gibt es auch zwischen KPÖ und LIF Parallelen. Beide Parteien orten etwa demokratiepolitische Mängel bei der Fernsehprogramm-Gestaltung: Allzu wenig Aufmerksamkeit widme ihnen vor allem der öffentlich-rechtliche Rundfunk.
"Die Liberalen haben es derzeit medial nicht einfach", seufzt Spitzenkandidat Reinhard Jesionek. "Entweder sie werden lächerlich gemacht oder nicht beachtet." Erschwerten Zugang zu den Medien beklagt ebenso KPÖ-Vorsitzender und Spitzenkandidat Walter Baier. Dabei sollte die Berücksichtigung auch kleinerer Gruppierungen keine Gnade sondern schlicht Ausdruck der Demokratie sein.
Immerhin gehe es um Inhalte, die aus Sicht der Kandidaten vielerorts auf Sympathie stoßen müssten. "Wir stehen für Selbständigkeit und Wirtschaft", erklärt Jesionek. So beinhaltet das liberale Programm eine Vereinfachung des Steuersystems, eine Steuerreform samt Senkung des Einkommenssteuertarifs sowie der Lohnnebenkosten, Sicherung der Pensionen durch Einführung eines individuellen Pensionskontos, Liberalisierung der Schulen oder freie Wahl einer Krankenversicherungsanstalt.
Etwaige Vorwürfe, dass sozial Schwächere dem vorgegebenen liberalen Tempo nicht folgen könnten, lässt Jesionek nicht gelten. "Liberal ist von sozial nicht zu trennen", meint er und ergänzt: "Eigenverantwortung bedeutet auch Motivation."
Geht es nach den Liberalen soll auch die Vermittlung von Arbeitslosen verstärkt privatisiert werden. Und auch für die Schaffung von Arbeitsplätzen sehen sie nicht vorwiegend den Staat sondern Unternehmen zuständig. Diese sollten daher steuerlich deutlich entlastet werden.
Ihre gegenteilige Position fasst die KPÖ in einem Satz zusammen: Schluss mit den Privatisierungen und dem Ausverkauf öffentlichen Eigentums. Bahn, Post, Energie, Wasser, Gesundheit und Bildung müssen in öffentlicher Hand bleiben, zählt Baier auf. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die KPÖ gemeinsam mit dem Gewerkschaftlichen Linksblock bereits eine Unterschriftenaktion gestartet. Zu weiteren Forderungen der KPÖ zählen das Recht auf Existenzsicherung, Wahrung der österreichischen Neutralität, Ausbau und Modernisierung des Sozialstaats. "Veränderung beginnt in der Opposition", lautet Baiers Argument: "Umso mehr, weil nun alle größeren Parteien in die Regierung wollen."
Für die Vermittlung ihrer Anliegen haben die Parteien noch knapp drei Wochen Zeit. Dem LIF steht dafür rund eine Million Euro zur Verfügung. Finanziert werden damit 300 bis 400 Plakate und Werbespots in privaten Fernsehkanälen. Jesionek selbst wird auch bundesweit unterwegs sein - mit dem Hubschrauber.
Über weit weniger Mittel verfügt die KPÖ. Als Wahlkampfbudget gibt sie 36.336 Euro an. Aus der finanziellen Not versucht Baier eine Tugend zu machen: "Wir sind gezwungen, uns Argumente gut zu überlegen, bevor wir sie auf Flugzettel drucken." Die "Materialschlacht", die sich die übrigen Parteien liefern, sieht er sowieso eher als Machtdemonstration an.
Auch um dieses Verhalten zu durchbrechen, lohne sich eine Stimme für die KPÖ. Daher kann Baier mit der These von der "verlorenen Stimme" - kleine Gruppierungen nehmen großen Parteien Stimmenanteile weg - nichts anfangen. Er nennt es "Gesinnungszwang". Und: "Das würde bedeuten, dass nur etablierte Parteien etwas zu sagen haben." Beim LIF herrscht ebenfalls die Überzeugung, dass niemandem Stimmen "weggenommen" werden. Vielmehr sollen jene motiviert werden, die zwischen zwei Blöcken eine weitere Option sehen wollen.
Dass es - wie Jesionek es ausdrückt - eine Sisyphos-Arbeit sein wird, den Einzug in den Nationalrat zu schaffen, ist beiden Spitzenkandidaten klar. Für die Liberalen wäre damit eine dreijährige Pause zu Ende. Die KPÖ blickt auf einen weit längeren Zeitraum der parlamentarischen Absenz zurück. Das letzte Mal war sie 1956 im Nationalrat vertreten.