Neues Lehrerdienstrecht vor Wahlen ist möglich - zumindest theoretisch.
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Wien. Vier Jahre nach Arbeitsbeginn wurde am Mittwoch die neue Lehrerausbildung beschlossen. Für Bildungsministerin Claudia Schmied ist das ein "großer Schritt", von einem "Meilenstein in der Bildungspolitik" sprach Fritz Neugebauer, Vorsitzender der Beamtengewerkschaft.
Es hat den Anschein, als wolle die Regierung zumindest einen Teil ihrer bildungspolitischen Altlasten vor den Wahlen loswerden: Die ÖVP hat kürzlich ein eigenes Konzept zum Lehrerdienstrecht ins Spiel gebracht, das als Übergangslösung die unterschiedliche Bezahlung für Lehrer je nach Schultyp vorsieht: Sobald 2019 die ersten Absolventen der neuen Ausbildung an den Schulen unterrichten, sollen alle gleichviel verdienen. Das machte bei der Plenumsdebatte auch Neugebauer deutlich, als er klarstellte, gleichwertige Ausbildung ziehe gleichwertige Besoldung nach sich.
Der neue Vorschlag wird von der Lehrergewerkschaft goutiert, sie sitzt am Donnerstag mit Schmied, Beamtenministerin Heinisch-Hosek und Finanzministerin Fekter am Verhandlungstisch. Etliche Lehrer sind der Debatte um ihr Dienstrecht jedoch bereits überdrüssig: Einer von ihnen sagt, das Thema mache ihn "müde und krank" und er wolle daher keinen Kommentar abgeben.
Was bringt die neue Ausbildung?
Angehende Volks-, Haupt- und Sonderschullehrer müssen statt bisher drei bis zu fünfeinhalb Jahre studieren, und alle angehenden Lehrer müssen vor dem Studium einen Aufnahmetest absolvieren. Geplant war die gemeinsame Ausbildung für alle Pädagogen, geglückt ist das nur für AHS, Hauptschule, Neue Mittelschule, nicht jedoch für die Volksschulen. Der Hintergrund: AHS-Lehrern, die an den Unis studieren, wurde fehlende Praxis vorgeworfen; den Haupt- und Volksschullehrern, die an den Pädagogischen Hochschulen ausgebildeten werden, fehlende Wissenschaftlichkeit. Kooperationen der Ausbildungsstätten sollten Abhilfe schaffen, doch auch die Verpflichtung kommt in dieser Form nicht.
Warum sind die Kindergartenpädagogen nicht dabei?
Das Gesetz sieht zwar ein Bachelorstudium für den Elementarbereich vor, aber es gibt zu wenige Lehrende, die an den Hochschulen die Ausbildung der Kindergartenpädagogen übernehmen könnten. De facto werden sie also weiter an den berufsbildenden höheren Schulen ausgebildet.
Was hat die Ausbildung mit dem Dienstrecht zu tun?
Sie bildet die Basis für das Dienstrecht. Sobald es die ersten Absolventen der neuen Ausbildung gibt, sollen auch die Gehälter angeglichen werden. Doch es ist nicht strikt trennbar: Wie lange Junglehrer für den Master Zeit haben, muss erst in den anstehenden Verhandlungen zum Dienstrecht geregelt werden.
Wird das Lehrerdienstrecht vor der Nationalratswahl im Herbst beschlossen?
Möglich ist es. Dazu müsste der Entwurf entweder als Regierungsvorlage (die wahrscheinlichere Variante) oder als Antrag von Abgeordneten in den Verfassungsausschuss, in den Unterrichtsausschuss und schließlich ins Plenum eingebracht werden. Kommt es zu keiner Einigung, wird es wegen der Sommerpause des Parlaments knapp. Grundsätzlich ist auch eine Sondersitzung im Sommer möglich, dazu bräuchte es aber auch eine Sondertagung mit Ausschusssitzungen. Das Parlament pausiert heuer bis 9. September. Das neue Dienstrecht könnte also auch noch im Herbst vor der Angelobung des neuen Nationalrats beschlossen werden. Laut Paul Kimberger, Chefverhandler der Gewerkschaft, ist ein "großes Reformpaket in dieser Legislaturperiode nicht mehr realistisch", Eckpunkte könne man aber sobald wie möglich beschließen.
Woran spießen sich die Verhandlungen?
Man ist sich einig, dass die Anfangsgehälter angehoben, die Gehaltskurve abgeflacht und das Lebenseinkommen nicht verringert werden soll. Den Regierungsentwurf lehnt die Gewerkschaft ab, da er eine Anhebung der Unterrichtsverpflichtung auf 24 Stunden vorsieht (derzeit 20 bis 22 Stunden) und "deutliche Verluste im Lebenseinkommen" bringe.
Ist die Dienstrechtsreform ohne Einwilligung der Gewerkschaft umsetzbar?
Formal ja, realpolitisch nein.