Zum Hauptinhalt springen

Kleine Versorger massiv unter Druck

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Viele der 143 kleinen EVU kämpfen ums Überleben. | Verbund bereitet mit Kampfpreisen große Sorgen. | Wien. Die heimische Strombranche ist zweigeteilt. Auf der einen Seite sind die großen Unternehmen wie Verbund und die neun Landesversorger, auf der anderen sind 143 mittelgroße und kleine Energieversorger. Die meisten - nämlich 62 - gibt es in der Steiermark.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Schöne Bilanzen versus Überlebenskampf

Während die Bilanzen der Großen von Jahr zu Jahr schöner werden, kämpfen viele Kleine ums Überleben. Verbund und Landesgesellschaften stehen schon in den Startlöchern, um bei einem Verkauf rechtzeitig zuschlagen zu können. Es ist offensichtlich, dass gerade der Verbund von der Liberalisierung profitiert hat. Er kann einen guten Teil der heimischen Wasserkraft in Deutschland mit Ökostromaufschlag verkaufen. Bei der vom Regulator verordneten Kürzung der Netztarife wurde er weitgehend verschont. Die Kriegskasse ist deshalb prall gefüllt. Mit dem Geld finanziert der Verbund soeben sein Werben um Gewerbe- und Haushaltskunden. Mit Lockangeboten, die 15 Prozent unter den Marktpreisen liegen, werden Marktanteile erobert und über einige Zeit Verluste in Kauf genommen, bestätigt Robert Simmer, Chef der Stadtwerke Amstetten.

Auch Peter Wüster, Chef des gleichnamigen Stromversorgers mit 2800 Abnehmern, ist über die Art und Weise des Kundenfangs nicht erfreut: "Der Verbund übt massiven Druck auf seine Mitarbeiter, die in unserem Versorgungsgebiet leben, aus. Und jeder Kunde, der uns verlässt, tut uns weh." Die Familie Wüster betreibt Kraftwerke an der Ybbs samt Verteilnetzen in der vierten Generation.

Ohne Stromproduktion haben es EVU schwer

Jene Energieversorgungsunternehmen (EVU), die kaum über eigene Produktion verfügen, sondern den Strom zukaufen müssen, haben es schwer. Denn die großen Gesellschaften können mit ihren zumeist abgeschriebenen Kraftwerken den Strom günstig produzieren, verkaufen ihn aber zu den extrem überhitzten Großhandelspreisen der Strombörsen. Vom Verbund wird gesagt, er benutze seine abgeschriebenen Wasserkraftwerke als Waffe gegen kleine EVU, denn einerseits verlangt er von diesen hohe Preise. Deren Kunden versucht er zugleich mit Dumpingangeboten abspenstig zu machen. Ein weiteres Problem sind für Stromverteiler die Netztarifsenkungen der vergangenen drei Jahre. Das Minus von 25 Prozent macht ihnen extrem zu schaffen. Allen voran leiden die 51 Stadtwerke, die außer dem Stromgeschäft in den vergangenen Jahren verschiedene andere Aufgaben aufgebürdet bekommen haben. "Das Überleben ist nur möglich, wenn man die Hälfte des Stroms selbst produziert. Wer nur mit Fremdstrom sein Geschäft macht, für den wird es dünn," erklärt Helmut Pfeifer, Geschäftsführer der Stadtwerke Hall in Tirol.

Bisher hätten sich die Stadtwerke noch gut gehalten, doch mittlerweile wird es für sie eng, prophezeit Tiwag-Chef Bruno Wallnöfer, vormals Chef der Innsbrucker Kommunalbetriebe. Allein die Linz AG sei noch eigenständig, den meisten anderen fehle es an kritischer Größe. Wallnöfer geht davon aus, dass in den nächsten drei Jahren viele Kleine von den Großen geschluckt werden: "Viele werden nicht eigenständig bleiben können."

Sparzwang zu Lasten Versorgungssicherheit

Viele mussten sich schon jetzt einen finanzkräftigen Partner suchen: So ist Ende des Vorjahres der Verbund bei den die Stadtwerken Klagenfurt eingestiegen. Auch die Energie Steiermark ist kauflustig. Überlandstrom, Heresch-Werke und Pichler-Werke sind schon vor Jahren an den Landesversorger gegangen. Roland Tropper, Chef der Vereinigung der österreichischen E-Werke, hält jedoch wenig vom Schwarzmalen. Er ist überzeugt, dass es zu keinem "Flächenbrand" kommen wird. Obwohl er weiß, dass viele seiner 143 Mitglieder unter wirtschaftlichem Druck stehen. Und dieser steigt, sobald die Preise an der Leipziger Strombörse weiter nach oben klettern. Vor den Folgen des Sparzwanges beim Netz warnt Robert Simmer, "da Investitionen zu Lasten der Versorgungssicherheit zurückgehen."