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Eigentlich hatte ich vorgehabt, mich dem medialen Sommerloch, der Saure-Gurken-Zeit peu-a-peu in die Arme zu schmiegen · nur mehr ausgewählt und genießerisch fernzuschau'n. Etwa die sogenannte
Doku-Soap "Ein Kaufhaus steht Kopf" bei arte. Köstlich und lehrreich · der Blick hinter die Budel der Galeries Lafayette; und bloß eine halbe Stunde in Anspruch nehmend. Doch bereits kurz zuvor, in
den "Seitenblicken", gab es Anlaß, schmerzhaft zusammenzuzucken. Frau Einzi Stolz verkündete uns die Großartigkeit der walzerunseligen Darbietungen des fidelnden Holländers Andre Rieu. Das war für
den Musikfreund zwar ärgerlich, aber doch nur ein einzelner Mißton gegen das, was um Mitternacht bei der ARD zu sehen war: ein Kriegsfilm nämlich, fernab von Hollywood; gedreht für Channel 4 direkt
vor unserer Haustür, im Kosovo. Zum ersten Mal bekam man, sozusagen in Spielfilmlänge, einen hautnahen Eindruck von den Kriegsgreueln im brand-aktuellen Krisenherd; von der generalstabsmäßig
geplanten und bestialisch durchgeführten Mord- und Vertreibungsaktion der serbischen Soldateska. Na, hab'n S' zugeschaut, Herr Handke?! So a paar verkohlte Leichen und komplett hingemetzelte Familien
in Großaufnahme · so kurz vorm Schlafengehn: Das wär' doch was g'wesen für Sie; etwas in der Art einer kostenlosen Gehirnwäsche . . .
Verdiente Erholung am Morgen darauf bei Sepp Unterkirchers musikalischer Radltour die Wiedner Hauptstraße hinab ("Pasticcio"). Zweimal ließ er Robert Stolz dirigieren und rächte damit die
Verbalgreuel dessen Witwe zwölf Stunden zuvor.