Haben wir in der jüngsten Zeit nicht schon genug Steuerreform- und Abgabenänderungsgesetze "verkraften" müssen? Mit dem soeben vorgelegten Entwurf für ein Abgabenänderungsgesetz 2005 wird der Reigen der legistischen Produkte aus dem Finanzministerium heuer eröffnet. Die relativ kurze Begutachtungsfrist von 14 Tagen ist am Dienstag abgelaufen - weil sie so kurz war, ist sie den Steuerexperten auch kaum aufgefallen.
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Worum gehts im AbgÄG 2005? Der Mini-Ministerialentwurf sieht Änderungen in vier Abgabengesetzen vor, eigentlich müsste man sagen: Reparaturen in früheren Gesetzen, noch genauer: das Ausmerzen vermeintlicher Doppelbegünstigungen, die man in der Wiener Himmelpfortgasse offensichtlich erst jetzt erkannt hat. So sieht der einkommensteuerliche Teil "Klärungen" bzw. "Präzisierungen" im Bereich der Absetzbeträge, bei der Negativsteuer und bei der sogenannten Wegzugsbesteuerung vor, was nicht nur kosmetische, sondern durchaus substanzielle Auswirkungen haben kann.
AV-Zuverdienst eingeengt
So sollen etwa bei der zulässigen Zuverdienstgrenze beim Partner eines Alleinverdieners (derzeit 2.200 Euro ohne Kinder bzw. 6.000 Euro jährlich mit Kindern im Haushalt) auch steuerfreie Einkünfte miteinbezogen werden, die aufgrund zwischenstaatlicher oder (neu!) völkerrechtlicher Vereinbarungen vom Alleinverdiener-Partner ins Verdienen gebracht werden. Solche Steuerbefreiungen betreffen etwa Bezüge, die von den Wiener Amtssitzen der UNIDO, der OECD oder der OPEC bezahlt werden.
Was die sogenannte Negativsteuer für Arbeitnehmer und (seit heuer) auch für Grenzgänger betrifft, so kann es durch die Einschleifregelung des neuen Steuerreform-Tarifs dazu kommen, dass im Steuerverfahren kein "Minuseinkommen", sondern ein Nulleinkommen ermittelt wird. Diesfalls würde der Steuerzahler um die ihm zustehende Negativsteuer von maximal 110 Euro (gerechnet von den Sozialversicherungsbeiträgen) ausgeschlossen bleiben.
Für die Erstattung dieser Negativsteuer soll es daher künftig kein Hindernis sein, dass ein Nulleinkommen festgestellt wird. Nach Sinn und Zweck sollen ja die Bezieher niedriger Einkommen von der Negativsteuer profitieren, heißt es dazu im Gesetzentwurf.
Keine Doppelbegünstigung
Gegen die denkbare doppelte Ausnützung von Steuerbegünstigungen im Sozialbereich richten sich zwei Bestimmungen, denen in der Praxis wohl nur marginale Bedeutung zukommen dürfte. So wird festgeschrieben, dass Arbeitnehmerbeiträge an betriebliche Kollektivversicherungen keine nochmalige steuerliche Berücksichtigung erfahren dürfen (nämlich als Sonderausgaben oder als Beiträge zur Prämien-Zukunftsvorsorge). Eine analoge Bestimmung besteht bereits bisher für die Pensionskassenbeiträge.
Der begünstigte Steuersatz von 25% für Bezüge aus einer ausländischen Pensionskasse soll nur dann anzuwenden sein, wenn die zugrundeliegenden Beiträge weder im Inland noch im Ausland als Werbungskosten die Einkünfte vermindert haben.
Wegzugsbesteuerung
Ein ausführliches Kapitel widmet das AbgÄG 2005 der sogenannten Wegzugsbesteuerung. Dieser Rechtsbereich war erst im Vorjahr durch EuGH-Rechtsprechung thematisiert und durch das AbgÄG 2004 im Einkommensteuerecht verankert worden. Wegzugsbesteuerung bedeutet dabei praktisch die steuerliche Erfassung der stillen Reserven eines Steuerzahlers (im Regelfall eines Betriebsinhabers) ehe er mit seinem Reichtum ins Ausland übersiedelt. Die aktuelle Neuregelung: Zu einer solchen Wegzugsbesteuerung kommt es aber erst dann, wenn das ins EU- oder EWG-Ausland übertragene Vermögen dort durch Veräußerung einen steuerpflichtigen Gewinn abwirft, also realisiert wird.
Die (vorläufige) Nichtfestsetzung der Wegzugssteuer durch das heimische Finanzamt erfolgt übrigens nicht automatisch, man muss diese Nichtfestsetzung in der Steuererklärung des betreffenden Jahres ausdrücklich beantragen. Eine spätere Antragstellung macht den Steueraufschub zunichte.
Das AbgÄG 2005 macht sich im übrigen auch Gedanken für den Fall, dass ein ins Ausland übersiedelter Bürger doch wieder nach Österreich zurückkehrt und seine Wirtschaftsgüter in die alte Heimat zurück verfügt. Soll vorkommen. Diese Rückführung - insbesondere von abnutzbaren Gütern - darf jedenfalls nur zu fortgeschriebenen Buchwerten erfolgen. Damit soll eine doppelte Geltendmachung von AfA-Beträgen (nämlich im Ausland und anschließend neuerlich im Inland) unterbunden werden.