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Kleines Land als große Hürde

Von Martyna Czarnowska

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Serbien muss wegen seiner Kosovo-Politik eine weitere Verzögerung seiner Annäherung an die Europäische Union in Kauf nehmen.


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Nichts als Probleme mit dem Kosovo. Aus serbischer Sicht lässt sich das ungefähr so zusammenfassen. Schon die Unabhängigkeitserklärung der ehemaligen südserbischen Provinz war ein Schlag ins Gesicht Belgrads. Und nun ist ausgerechnet der Kosovo der Hauptgrund, warum Serbien vorerst keinen Status als EU-Beitrittskandidat bekommt. Vielleicht ist es dann im März des kommenden Jahres soweit.

Bis dahin aber müssen die Serben endlich ihre Beziehungen mit den Kosovaren halbwegs normalisieren. Als Bedingungen nennen die EU-Staaten beispielsweise die Umsetzung der Vereinbarungen zu den gemeinsamen Grenzkontrollen im Nordkosovo. Dort, an einigen Übergängen zu Serbien, schwelt seit Monaten ein Konflikt, bei dem erst vor kurzem wieder Soldaten der internationalen Schutztruppe verletzt wurden, darunter auch österreichische.

Belgrad ruft die im Nordkosovo lebenden - und das Gebiet dominierenden - Serben zwar immer wieder auf, die an den Grenzen errichteten Barrikaden zu räumen, was manchmal sogar kurzfristig getan wird. Doch einen länger anhaltenden Erfolg konnte Serbien noch nicht verbuchen, zumal einige Oppositionskräfte wenige Monate vor den Parlamentswahlen nationalistische Tendenzen schüren und den nächsten politischen Kampf um den Kosovo ausrufen.

So hat sich Serbien die Verzögerung in seiner Annäherung an die EU selbst zuzuschreiben. Schon allein die Tatsache, dass Belgrad nicht einmal den Bericht über die Grenzabkommen liefern konnte oder wollte, wiege schwer, heißt es aus Diplomatenkreisen. Und dann kommen auch noch grobe Schnitzer hinzu. Gerüchten zufolge hat etwa Präsident Boris Tadic bei einem Treffen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel im Scherz eine Analogie zwischen der Loslösung des Kosovo und einer potenziellen Unabhängigkeitserklärung Ostdeutschlands gezogen. Ob das Berlin etwa gefallen würde? Seitdem, lautet die Fama, halte Merkel die Serben für verrückt und wolle so wenig wie möglich mit ihnen zu tun haben. Diplomatischer ausgedrückt: Das Klima zwischen Berlin und Belgrad ist getrübt. Deutschland setzte sich zuletzt vehement dafür ein, Serbien den Kandidatenstatus erst später zu verleihen.

Doch sehen manche gleichzeitig auch Versäumnisse auf der Seite der Europäischen Union. So findet etwa die Grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek, die Kosovo-Berichterstatterin des EU-Parlaments, dass die EU-Staaten lange Zeit zu wenig Druck auf Serbien ausgeübt hätten. Denn das Land war und ist, nicht zuletzt für österreichische Unternehmen, wirtschaftlich attraktiv - und diese Interessen gingen anderen vor. Doch sei es für Belgrad nun einmal eine Bedingung, die nachbarschaftlichen Beziehungen zu Pristina zu verbessern, erläutert Lunacek. "Und das hat den Serben vor Kanzlerin Merkel wohl niemand so deutlich gesagt."

Der serbische Präsident Tadic erklärte jedenfalls, nicht auf eine Eingliederung seines Landes in die EU verzichten zu können und dürfen. Eine Anerkennung des Kosovo komme aber nicht in Frage.