Unternehmen können Konkurrenz wegen AGB auf Unterlassung klagen. | Höchstgerichte entschieden. | Wien. Die Verwendung unzulässiger Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) kann einen Wettbewerbsverstoß darstellen. Dies entschieden vor kurzem der Oberste Gerichtshof (OGH) und nahezu zeitgleich auch der deutsche Bundesgerichtshof (BGH). Künftig werden Unternehmer daher auch das "Kleingedruckte" ihrer Konkurrenten kritisch prüfen.
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Denn sollten sie die Verwendung unerlaubter AGB feststellen, können sie mit Unterlassungsklagen gegen ihre Mitbewerber vorgehen.
Richtungsweisende Entscheidungen
Der Entscheidung des OGH (4 Ob 99/09a vom 23.2.2010) lag die Unterlassungsklage eines Mobilfunkdienstleisters gegen einen Konkurrenten zu Grunde, der Geschäftskunden in seinen AGB zur Zahlung eines Deinstallations-Entgelts bei Vertragsbeendigung verpflichtete. Der OGH folgte der Argumentation des Klägers zum Teil und hielt die beanstandeten Klauseln teilweise für gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.
Besonders hervorzuheben ist aber eine andere Aussage des OGH in diesem Urteil: Der OGH qualifiziert die Verwendung unzulässiger AGB als unlautere Handlung im Sinne des UWG. Der Einsatz unzulässiger Vertragsklauseln im geschäftlichen Verkehr führe zu einer rechtlichen und wirtschaftlichen Verbesserung des AGB-Verwenders zu Lasten seiner Konkurrenten. Daher kann der AGB-Verwender auch von diesen auf Unterlassung geklagt werden.
Etwa ein Monat später stellte auch der BGH (I ZR 34/0 vom 31.3.2010) für die Rechtslage in Deutschland klar, dass die Verwendung einer unwirksamen Vertragsklausel einen Wettbewerbsverstoß darstellen kann. Der Beklagte bot als gewerblicher Verkäufer bei eBay ein gebrauchtes Telefon zum Kauf an. Im Angebot war ein Gewährleistungsausschluss vorgesehen. Eine Konkurrentin erwarb das Telefon und klagte den Verkäufer anschließend auf Unterlassung, Telefonartikel unter Ausschluss der Gewährleistung zu verkaufen. Der BGH hielt fest, dass der Gewährleistungsausschluss gegenüber Verbrauchern nicht wirksam sei und dieser gleichzeitig auch einen Wettbewerbsverstoß des beklagten eBay-Verkäufers darstelle.
Beide Höchstgerichte lassen die Unterlassungsklage eines Konkurrenten gegen den Verwender unwirksamer AGB in ganz unterschiedlichen Branchen zu. Vergleichbare Konkurrentenklagen könnten künftig auch bei Reiseunternehmen, im Finanzdienstleistungsbereich, im E-Commerce und darüber hinaus in sämtlichen Branchen auftauchen, in denen Unternehmer beim Vertragsabschluss mit Kunden vorgefertigte AGB bzw. Vertragsklauseln zum Einsatz bringen. Verträge mit Geschäftskunden sind grundsätzlich ebenso betroffen wie Verträge mit Verbrauchern.
Prüfung im Einzelfallerforderlich
Allerdings bedeutet die Unwirksamkeit einer bestimmten AGB-Klausel nach dem Zivilrecht nicht automatisch auch einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Dafür müssen noch weitere Voraussetzungen erfüllt sein: So ist gesondert zu prüfen, ob dem AGB-Verwender bereits beim Einsatz der AGB im Geschäftsverkehr mit Kunden erkennbar war, dass eine bestimmte Klausel gesetz- oder sittenwidrig ist (zum Beispiel auf Grund eines klar entgegenstehenden Gesetzeswortlauts). Weiters muss die Verwendung der unzulässigen Klausel geeignet sein, den Wettbewerb zum Nachteil von Mitbewerbern erheblich zu beeinflussen. Liegen diese spezifischen wettbewerbsrechtlichen Voraussetzungen nicht vor, steht der Konkurrenz auch kein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der betreffenden Klausel im Geschäftsverkehr zu, und zwar auch dann nicht, wenn die Klausel zivilrechtlich gesetz- oder sittenwidrig und daher unwirksam ist.
Schadenersatzals Sanktion
Neben Unterlassungsansprüchen sieht das UWG auch Schadenersatzansprüche als Sanktion vor. Diese setzen jedoch ein Verschulden des AGB-Verwenders voraus. Der Einsatz unwirksamer AGB im Geschäftsverkehr muss also subjektiv vorwerfbar sein. Liegt diese Voraussetzung vor, könnten Konkurrenten künftig gegen den AGB-Verwender auch Schadenersatzklagen erheben. Der Schaden des Konkurrenten wird jedoch meist nur schwer nachweisbar sein.
Alexander Schopper ist Experte für Zivil-, Gesellschafts- und Insolvenzrecht bei der Rechtsanwaltskanzlei Dorda Brugger Jordis.