Großkonferenz in New York und Unterschriftensammlung. | Hat Alarmismus seinen Gipfelpunkt überschritten? | New York. Zwei Burschen stürmen in den Saal des Marriott-Hotels im Herzen Manhattans. Und machen den Arbeitskreis-Teilnehmern der "Internationalen Konferenz zum Klimawandel" lautstark ihren Unmut kund. "Die ganze Konferenz ist lächerlich!" Auf die Frage des Moderators, was denn falsch wäre, ruft einer nur angewidert: "Mich interessieren eure Reden nicht." Denn: "Ihr seid alle so alt - Ihr habt ja keine Ahnung von der wirklichen Welt." Und sie stürmen in den nächsten Saal, um die nächste Runde zu stören.
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Doch das Alter kann man den Konferenzteilnehmern nicht vorhalten, stellen sie doch eine Mischung aller Generationen dar. Dennoch ist die Veranstaltung etwas Unerhörtes, und der Zorn von Aktivisten war erwartbar: 700 Naturwissenschafter, Ökonomen und Vertreter anderer Disziplinen treffen zusammen, um sich der weltweiten Alarmstimmung ob der globale Erwärmung entgegenzustellen. Das hat es noch nie gegeben.
"Wie Dissidenten"
Zum Thema "Globale Erwärmung" bekommt man meist nur dann eine Auftritts- und Publicity-Chance, wenn man in den Alarm einstimmt: "Es ist alles ja noch viel schlimmer, als man bisher geglaubt hat". Für jene die das Gegenteil sagen oder die bezweifeln, dass man über das Klima kommender Jahrzehnte etwas Verlässliches sagen könnte, ist in der globalen Konferenz- und Medienmaschine hingegen kein Platz.
Ein kanadischer Meteorologe, der aus Osteuropa stammt: "Jeder von uns ist so wie einst die Dissidenten der kommunistischen Länder in den Glauben getrieben worden, er sei ein total isolierter Außenseiter."
Der tschechische Präsident Vaclav Klaus: "Man gilt als Exzentriker, der die einzige Wahrheit nicht versteht." Nur gehe es jetzt anstelle des verordneten Ideologie um Ansichten, die unter Führung der UNO zum Dogma erhoben worden sind. Zum Vertreten abweichender Ansichten gehört da schon etlicher Mut. Den das von 60 internationalen Stiftungen organisierte New Yorker Treffen machen soll.
Auch der kanadische Umweltschützer Lawrence Solomon, Anti-Atom- und Drittwelt-Aktivist, entpuppt sich als großer Gegner der CO2-Alarmisten: "Normalerweise muss ich in ja meinen Reden erst klarmachen, dass es Menschen mit ihren Ansichten überhaupt gibt. Aber das Kyoto-Protokoll ist der größte Zerstörer der Umwelt, weil seinetwegen riesige Wasserkraftwerke errichtet und Drittwelt-Farmer zugunsten von Energiewäldern vertrieben werden."
31.000 Unterschriften
Vor allem in Nordamerika, der Hochburg der weltweiten Naturwissenschaft, hat sich Unmut unter Forschern angesammelt, die an immer mehr Aussagen der UNO-Experten zum Klimawandel zweifeln. Denn Wissenschafter sind gewohnt, jede These ständig kritisch zu durchleuchten; sie wollen sich keine Forschungsinhalte von einer Obrigkeit diktieren lassen.
Quantitativ noch eindrucksvoller als die Teilnehmerzahl an der Konferenz ist eine von 31.478 Naturwissenschaftern unterzeichnete "Global Warming Petititon". Diese warnt vehement vor den Folgen des bei Politikern so populären Kyoto-Protokolls.
Was wollen nach Ansicht der Skeptiker die Erwärmungs-Alarmisten? Klaus ist überzeugt: "Sie wollen den wirtschaftlichen Fortschritt stoppen und die Menschheit um Jahrhunderte zurückstoßen." Der für seine Konfliktfreude bekannte Präsident glaubt sogar: "Der Umweltfetischismus ist eine neue gefährliche Religion." Zumindest in Tschechien scheint Klaus mit seiner Skepsis erfolgreich: Glaubten in den USA 47 Prozent daran, dass die Menschen die globalen Temperaturen beeinflussen, so seien es in seiner Heimat Tschechien nur 11 Prozent.
Und warum sind die Skeptiker bisher so wenig erfolgreich? Der Meteorologie-Professor Richard Lindzen vom MIT: "Wir sind keine geschlossene Bewegung, sondern einzelne Wissenschafter, die sich über den Missbrauch der Wissenschaft ärgern." Sie vertreten keine geschlossene Ideologie oder Theorie, aber sind voller Zweifel am Alarm.
Zugleich mehren sich die Anzeichen, dass der CO2- Alarmismus seinen Gipfel überschritten hat. Ein Grund für diese Annahme ist die alles andere überschattende Wirtschaftskrise. Zugleich werden international Indien und China immer mächtiger - die aber nur für solche Maßnahmen eintreten, die Europa und Amerika alleine treffen.
Endet grünes Zeitalter?
Aber auch in der EU entdeckt Benny Peiser von der Liverpool John Moores Universität Anzeichen, dass das grüne Zeitalter zu Ende geht: "Der Klimawandel ist nicht mehr das, was er einmal war." Die Osteuropäer, Italien und teilweise Deutschland treten in Hinblick auf neue Lasten für Europa auf die Bremse. Niemand glaubt, dass bei den EU-Wahlen das Thema CO2 im Vordergrund stehen wird. In Österreich werden Aktionen wie "Licht aus" von den Bürgern ignoriert.
Auch Barack Obama ist - trotz aller CO2-Rhetorik - weitgehend auf Linie seiner Vorgängers: Er will sich wie George W. Bush auf die Energieforschung konzentrieren und zeigt wenig Engagement für globale Regulierungen. Der spanische Ökonom Gabriel Calzada Alvarez zeigt aber auch, wie sehr den USA in Sachen CO2 Unrecht getan wird: In Europa haben die Treibhausgas-Emissionen zuletzt doppelt so stark zugenommen wie in den USA.
Ein beliebtes Objekt der kritischen Auseinandersetzung bietet der Film des ehemaligen Vizepräsidenten Al Gore, der in New York satzweise seziert wird, bis die Skeptiker insgesamt 35 Fehler gefunden haben. Ein besonders schöner ist Gores Behauptung, dass schon 1938 Computermodelle bestimmte Klimaentwicklungen prophezeit haben. 1938? Computer?
Harrison Schmidt, mit "Apollo 17" der bisher letzte Mensch auf dem Mond, kommentiert Gores Erfolg so: "Al Gore war mit seiner Propaganda so erfolgreich, weil unsere Schulen so schlecht sind, dass die Menschen alles glauben."
Und wie fährt der Nichtnaturwissenschafter aus Österreich nach drei Tagen heißer Klima-Debatten wieder heim? Viele Argumente der Skeptiker (siehe Seite 4) klingen überzeugend und seriös, decken sich mit anderen Informationen. Ein gewichtiges, freilich politisches Argument, das dennoch für Einsparungen beim Öl- und Gasverbrauch spricht, wurde jedoch in New York nicht angesprochen: Die riesigen Energie-Importe nach Amerika und noch mehr nach Europa finanzieren die aggressivsten Regime der Welt, die nur durch diese Einnahmen so gefährlich werden konnten, wie Venezuela, Iran, Nigeria, Russland oder Libyen.
Wohlstand und Energie
Freilich ist auch klar: Weniger Energie bedeutet weniger Wohlstand und mehr soziale wie politische Konflikte. Energieknappheit hat die Krise nach 1973 ausgelöst. Und ebenso klar ist auch für Nichtwissenschafter: Die politische Lenkung der Erwärmungs-Forschung ist sicher keine Garant für Seriosität und Objektivität. Forschung muss ergebnisoffen sein und alle scheinbaren Gewissheiten ständig kritisch überprüfen.
* realclimate.org; sovereignty.net; scienceandpublicpolicy.org;
heartland.org
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