Nach den schweren Verlusten für die SPÖ bei der Nationalratswahl tagte gestern das Parteipräsidium und erteilte Vorsitzendem Bundeskanzler Viktor Klima zwei Mandate: Eines zur Führung der | Regierungsverhandlungen und eines, die SPÖ zu reformieren.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 24 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Ich habe dieses Mandat für jeden Fall angenommen, auch für den Fall der Opposition", betonte Klima gestern in einer Pressekonferenz. Rechnerisch habe die SPÖ zwei Optionen: Eine Koalition mit der
ÖVP zu bilden oder in Opposition zu gehen. Eine Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ komme nicht in Frage. "Das habe ich vor der Wahl gesagt und dabei bleibt es auch", erklärte Klima.
Er werde das Gespräch mit der ÖVP in jedem Fall suchen, egal auf welchem Platz sie sich befinde. Die ÖVP wisse, dass sie Verantwortung für dieses Land trage, vertraut Klima darauf, dass ihm der
Koalitionspartner nicht abhanden kommt. Zuckerl werde er der ÖVP nicht anbieten. Allerdings sei die "Sozialdemokratie nicht unter allen Bedingungen bereit, in eine Regierung zu gehen", sagte der
Kanzler. Eine NATO-Mitgliedschaft würde die SPÖ nicht akzeptieren. Gefragt, ob eine Erneuerung in der Opposition nicht besser für die SPÖ wäre, meinte Klima: "Was gut ist für unser Land, ist auch gut
für die Partei." Er habe die Absicht, die SPÖ so zu erneuern und einen anderen Regierungsstil zu prägen, dass nach vier Jahren der Aufwärtstrend der FPÖ gestoppt werde.
Einen Rücktritt habe er sich nicht überlegt, aber seine Weiterarbeit von einem klaren Mandat abhängig gemacht. Und das habe er vom Präsidium erhalten. Das Egebnis der NR-Wahl sei für die
Soazialdemokratie eine deutliche Mahnung. In ersten Analysen führte Klima das schlechte Abschneiden auf die starke Polarisierung zwischen ÖVP und FPÖ und die geringe Wahlbeteiligung zurück. Es habe
die Emotionalisierung gefehlt, weil man ohnedies davon ausgegangen sei, dass die SPÖ stärkste Partei bleiben und er, Klima, Kanzler sein werde. "Wir haben uns daher vorgenommen: Es muss die Partei
sich ändern und es muss sich der Zugang zu den Wählerinnen und Wählern ändern." Er gehe jetzt daran, "voll Kraft und Einsatz" in einem Projekt "Trendumkehr" die Erneuerung der SPÖ einzuleiten. Dabei
gehe es nicht um Änderung bei den Grundsätzen, sondern darum, wie sich die SPÖ stärker um die täglichen Sorgen der Menschen annehmen könne. Eine ebenfalls für gestern einberufene Sitzung des SP-
Bundesparteivorstandes wurde "auf nächste Woche verschoben". Denn, so der Bundeskanzler, man wolle genügend Zeit haben, um die anstehenden Themen zu diskutieren. Aber auch das endgültige Resultat der
NR-Wahl abwarten.