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Klimafreundliches Be- und Entlasten

Von Martina Madner

Politik

Ankündigungen für die Umwelt bieten ÖVP und Grüne zahlreiche. Auch die große Steuerreform ist noch ungewiss. Konkret kommen höhere Abgaben, ein Österreich-Ticket und zwei Öffi-Milliarden.


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Neben der Migrationsfrage ist es der Kampf gegen den Klimawandel, der uns noch Jahrzehnte beschäftigen wird." Das nennt ÖVP-Obmann Sebastian Kurz bei der Präsentation des Koalitionsprogramms als künftiger Kanzler neben "seinen" Themen, wie zum Beispiel steuerliche Entlastung, Bildung oder Sicherheit.

Für Kurz geht es darum, "respektvoll mit der Umwelt und der Schöpfung" umzugehen, und darum, die Wirtschaft auch mit einer Ökologisierung anzukurbeln. Für Werner Kogler, Bundessprecher der Grünen und künftiger Vizekanzler, geht es um weit mehr, das zentrale Thema der Grünen: "Österreich soll zum europäischen Vorreiter in Sachen Klimaschutz werden", kündigt er vollmundig an.

Eine erste Analyse der mehr als 50 Seiten zu Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen des insgesamt 326 Seiten langen Regierungsprogramms befördert allerdings neben manch Konkretem reine Ziele und Ankündigungen zu Tage. Die Wörter CO2-Steuer oder CO2-Abgabe sucht man vergeblich, stattdessen ist vorsichtig von der "Herstellung von Kostenwahrheit" die Rede. Aber, so Kogler: "Das Ziel ist eindeutig: Klimaschädliches Verhalten soll einen Preis bekommen." Ein Einblick in die türkisgrünen Wege dorthin.

100-prozentige Zielwerteund andere Ankündigungen

Es geht um 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energiequellen, die will man 2030 erreichen. Der schrittweise Ausstieg aus fossilen Energieträgern startet schon heuer, ab 2025 sind dann keine Neuanschlüsse von Gas-Heizungen mehr geplant und das "Aus" für Öl- und Kohleheizungen soll es 2035 geben. Ziel sind Nullemissionsgebäude, beim Neubau wie auch über Sanierungen.

Mit im Programm sind auch eine Klima- und Kreislaufwirtschaftsstrategie für die Industrie und eine Million Dächer mit Photovoltaik. Selbst dass ÖVP und Grüne bei einer Technologieoffensive auf Wasserstoff setzen wollen, ist mehrmals vermerkt. So soll es eine "Neue Österreichische Wasserstoff-Strategie" geben: "Damit soll Österreich zur Wasserstoffnation Nummer 1 werden." Im ÖVP-Wahlprogramm ergänzte man diesen Satz, sonst beinahe wortident, übrigens noch um "weltweit".

Von der Flugticket-Abgabeüber Pendler bis zur Lkw-Maut

Etwas konkreter und vor allem auch grüner werden die künftigen Koalitionsparteien im Kapitel Verkehr und Infrastruktur. Hier ist neben einem Masterplan immerhin auch von einem "1-2-3 Österreich-Ticket" die Rede. Was sich dahinter verbirgt, ist - wie übrigens schon im grünen Wahlprogramm - kurz erklärt: Um einen Euro pro Tag könne man in einem Bundesland mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein, um zwei Euro auch im Nachbarbundesland und für drei Euro pro Tag, also um 1095 Euro, könnte man demnach ein ganzes Jahr lang bundesweit mit den Öffis fahren.

Auch zwei "Öffi-Milliarden" - eine für Ausbau und Verbesserung in Ballungsräumen, eine für selbiges im Regionalverkehr - soll es geben. In welchem Zeitraum genau, ist nicht klar, möglicherweise innerhalb der Legislaturperiode. Klar ist aber, dass es Mittel aus der regionalen Milliarde unter anderem für die Förderung von Pionierprojekten im öffentlichen Schienen-Nahverkehr reserviert ist - "wie zum Beispiel einer Wasserstoff-Eisenbahn ins Zillertal".

Ähnlich konkret werden Grüne und ÖVP auch beim Punkt "Ökosoziale Steuerreform" - vor allem an einigen Stellen, wo es um die ersten Schritte in diese Richtung geht: Geplant ist zum Beispiel eine einheitliche Abgabe von 12 Euro pro Flugticket. Seit der Halbierung durch die türkisblaue Regierung mit 1. Jänner 2018 macht diese 3,50 Euro bei Kurzstrecken-Tickets und 7,50 Euro auf der Mittelstrecke aus - bei Langstreckenflügen sind es aktuell allerdings mit 17,50 Euro mehr als die geplanten 12 Euro. Insgesamt brachte die Abgabe dem Staat 2018 71 Millionen Euro, vor der Halbierung waren es laut Statistik Austria noch 115 Millionen Euro.

Ökologische und ethische Investitionen steuerfrei

Für ökologische Investitionen solle es übrigens genauso wie für ethische eine Befreiung von der Kapitalertragssteuer geben. Gegen den Tanktourismus soll es einen "entschlossenen" Kampf geben: Konkret dürften damit weitere Abfahrverbote für Lkw, aber auch Pkw von der Autobahn auf das niederrangige Straßennetz gemeint sein. Dazu wird die Lkw-Maut ökologisiert. Bislang zahlten Lkw je nach Luftverschmutzung, Größe und Tageszeit laut Mauttabelle der Asfinag zwischen 19 und 46 Cent pro Kilometer. Umweltfreundlichere sollen künftig weniger, umweltschädlichere Lkw mehr bezahlen.

Ähnliches ist auch bei der Normverbrauchsabgabe beim Autokauf geplant: Neben einer größeren Spreitzung zwischen umweltfreundlicheren und -schädlicheren Fahrzeugen soll es auch eine Erhöhung der NoVA ohne Deckel nach oben geben. Darüber hinaus ist eine Ökologisierung der Dienstwagenprivilegien geplant.

Auch dem Pendlerpauschale geht es in der bisherigen Form an den Kragen, konkret ist von der "Ökologisierung und Erhöhung der Treffsicherheit des Pendlerpauschales" im Programm die Rede. Das hatten beide Parteien schon im Wahlkampf vor. Die Grünen plädierten für eine "gerechte und klimafaire Neugestaltung", bei den Konservativen war von der "Neugestaltung und Ökologisierung" die Rede. Anders aber die Begründung: "Es kann nicht sein, dass es weiterhin Anreize zum Vielfahren gibt", sagten die Grünen. Die ÖVP betonte: "Wer den ländlichen Raum stärken will, der schafft keine neuen Belastungen, sondern Anreize."

Wer um wie viel mehr oder weniger Pendlerpauschale erhalten soll, bleibt im Regierungsprogramm offen. Es geht jedenfalls um viel Geld, jährlich mehr als 760 Millionen Euro.

Taskforce erarbeitet Öko-Steuersystem bis 2020

Offen bleibt auch, wie der größere Wurf nach diesen ersten Schritten, die eigentliche ökosoziale Steuerreform, aussehen soll: Im Programm ist dazu eine "Task Force ökosoziale Steuerreform" erwähnt, die sie bis 2022 erarbeiten soll. Es geht jedenfalls um die "Erarbeitung des effizientesten ökonomischen Instrumentes zur schrittweisen Herstellung von Kostenwahrheit bei den CO2-Emissionen" in den Bereichen, in denen der europäische Zertifikate-Handel nicht greift.

Eine CO2-Bepreisung über höhere bestehende Abgaben oder ein nationaler Emissionshandel sind nur als Beispiele erwähnt. Denn die Task Force soll neben den volkswirtschaftlichen Kosten von CO2-Emissionen berechnen, auch konkrete Maßnahmen und ihre Implementierung planen. Außerdem extra erwähnt sind "Entlastungsmaßnahmen für Unternehmen und Private, um sicherzustellen, dass es keine Mehrbelastungen für die Wirtschaft und für Private gibt". Mal schauen, ob die Rechnung aufgehen wird.