Ministerpräsident Rasmussen folgt Hedegaard. | Kopenhagen. Auf dem bisher größten Klimagipfel aller Zeiten geht es nun Schlag auf Schlag: Während am Mittwoch Staats- und Regierungschefs aus aller Welt erwartet wurden, erklärte die Konferenzpräsidentin Connie Hedegaard ihren Rücktritt. | Dicke Luft bei den Industrie-Kalibern | Dossier Klimagipfel
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Der dänische Ministerpräsident Lars Loekke Rasmussen hat am Mittwoch die Präsidentschaft der UN-Klimakonferenz übernommen. Hedegaard soll weiterhin für die Koordination informeller Beratungsrunden zuständig sein.
Die Verhandlungsführung Hedegaards hatte in den vergangenen Tagen bei einigen Delegationen Kritik hervorgerufen. Vor allem von Seiten einiger Entwicklungsländer war ihr vorgeworfen worden, sie würden nicht hinreichend in die Beratungen eingebunden. Dabei ging es unter anderem um eine informelle Beratungsrunde mit von der dänischen Präsidentschaft ausgewählten Ministern am Sonntag sowie um nach Ansicht einiger Delegierter zuvor nicht ausreichend abgestimmte Vorschläge, mit denen Hedegaard versuchte, die Verhandlungen voranzubringen.
Zu den Beratungen in Kopenhagen werden bis Freitag mehr als 120 Staats- und Regierungschefs kommen, darunter US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Umweltminister bereiten für ihre Chefs in zähen Beratungen den Boden. Vor der Schlussrunde wollen sich die Minister auf die Grundzüge eines Klimaabkommens geeinigt haben. Nach derzeitigem Verhandlungsstand dürften die beiden bisherigen Verhandlungsstränge der Konferenz auch in zwei getrennte Abkommen münden - einer setzt das Kyoto-Abkommen fort, dem die USA nie beigetreten sind, und das verpflichtende Reduzierungen von Treibhausgasen für die Industriestaaten vorsieht. Der andere Strang beruht auf der Klimakonvention von Rio de Janeiro von 1992, die alle Länder umfasst, aber noch keine bindenden Verpflichtungen enthält.
Klimaziele gestückelt
Aus EU-Kreisen hieß es am Mittwoch, Europa werde seine bisher angebotenen Klimaziele möglicherweise stückeln. Die EU hat bereits beschlossen, ihren Kohlendioxid-Ausstoß bis 2020 um 20 Prozent zu senken und auf 30 Prozent zu gehen, wenn andere Industrieländer vergleichbare Angebote machen. Eine Auffanglinie könne jetzt eine Zahl in der Mitte sein, etwa 25 Prozent.
Eine andere Strategie könnte sein, 20 Prozent bis 2020 und 30 bis 2023 anzubieten. Damit könnte auch dem Aufholbedarf der USA Rechnung getragen werden. Die USA haben angeboten, ihren Ausstoß bis 2020 zunächst um umgerechnet vier Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Für die folgenden Jahre bieten sie weitere Reduzierungen an. Zur Unterstützung der US-Delegation wird am Donnerstag nach dänischen Medienberichten Außenministerin Hillary Clinton in Kopenhagen erwartet.
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon hält ein Klimaschutzabkommen inzwischen auch ohne feste finanzielle Zusagen an die Entwicklungsländer für denkbar. Beim Kopenhagener Klimagipfel sagte Ban am Mittwoch in der Internetausgabe der britischen "Financial Times": "Wir können diese Angelegenheit nächstes Jahr diskutieren." Bei Ausbleiben einer Einigung auf die Finanzen müsse die Konferenz ein "einleitendes System" finden. Die Entwicklungsländer verlangen ab 2020 jährliche Zahlungen über 100 Milliarden Dollar (70 Milliarden Euro) aus den Industriestaaten, um die Folgen des Klimawandels für sie abzumildern und sich selbst auf klimafreundliche Technologie umzustellen.
Demonstranten marschieren
Knapp 3.000 Demonstranten machten sich unterdessen zu ihrem angekündigten Marsch zum UNO-Klimagipfel auf. Die dänischen Behörden haben das Gebiet rund um das Konferenzzentrum weiträumig abgeriegelt, Straßen gesperrt und den Bus- sowie Metroverkehr stark eingeschränkt. Am Vortag war unter anderem der deutsche Sprecher der Demo-Organisatoren, Tadzio Müller, wegen Verdachts auf Vorbereitung strafbarer Aktionen festgenommen worden.
Die Veranstalter von der Organisation "Climate Justice Action" betonten vor Beginn des Marsches erneut, sie lehnten Gewalt ab. Sie planten einen friedlichen "Akt zivilen Ungehorsams". Vom Demonstrationszug getrennt versuchte eine Gruppe von 150 als gewaltbereit eingestuften Demonstranten vergeblich, Polizeiabsperrungen zu durchbrechen.