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Klimaproblem Methan

Von Franz Nauschnigg

Gastkommentare

Während sich beim CO2 alle einig sind, dass es eine Reduktion braucht, wurden andere Emissionen bisher weitgehend ignoriert. Dabei könnte Biomethan sogar dem Klima helfen.


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Alle blickten bisher vor allem auf die CO2-Emissionen, dabei verursacht Methan fast 40 Prozent der globalen Erwärmung. Methan ist über 20 Jahre gerechnet mehr als 80 Mal so klimaschädlich wie CO2. Maßnahmen gegen Methanemissionen würden daher schon kurz- bis mittelfristig große Wirkungen entfalten. In der "European Task Force on Carbon Pricing", wo ich auch im Lenkungsausschuss mitarbeite, beschäftigen wir uns daher schon länger mit dem Klimaproblem Methan. Im heurigen Frühjahr gelang es, dass sich in einer Veranstaltung der Task Force einer der größten europäischen Öl- und Gaskonzerne bereit erklärte, seine Methanemissionen Richtung null zu drücken, im Herbst folgte auch einer der größten US-Konzerne. Die Öl und Gasindustrie, ist, nach der Landwirtschaft, der zweitgrößte Emittent von Methan, da es bei der Förderung und beim Transport von Erdgas entweicht.

Am besten wäre ein internationales Abkommen über den Verzicht auf Methan, ähnlich wie seinerzeit das Montreal-Protokoll für die Fluorkohlenwasserstoffe, die das Ozonloch verursachten. Die EU und die USA haben vor der UN-Klimakonferenz in Glasgow einen Klimapakt zur Reduktion der Methanemissionen um mindestens 30 Prozent bis 2030 initiiert, an dem nun schon 90 Staaten teilnehmen. Die österreichische Bundesregierung hat bisher keine Maßnahmen zur Senkung der Methanemissionen, die hauptsächlich aus der Landwirtschaft stammen, gesetzt. Im Gegenteil gehörte Österreichs Landwirtschaftsministerin zu den Bremsern bei den EU-Kommissionsvorschlägen. Wir haben die höchsten Agrarförderungen für methanintensivste Bereiche der Landwirtschaft wie die Tierzucht.

Damit Österreich das Ziel "klimaneutral im Jahr 2040" erreicht, wird es nicht nur bei CO2 großer Anstrengungen bedürfen, sondern insbesondere auch bei Methan. Die Einführung eines CO2-Preises in Österreich ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber mit 30 Euro je Tonne leider nur ein Trippelschritt. Der Preis ist zu niedrig, um die gewünschten Lenkungseffekte zu erzielen. Damit werden sich Österreichs Klimaziele nicht erreichen lassen - Strafzahlungen in Milliardenhöhe drohen. Ich habe schon 2013 in einem Artikel im Buch "Powerlines - Energiepolitische Entwicklungslinien Europas" eine CO2Steuer von 30 Euro je Tonne, jährlich steigend, gefordert sowie einen Grenzausgleichmechanismus gegen Wettbewerbsnachteile durch CO2-Steuerflucht.

Biomethan: Win/Win fürs Klima

Die Produktion von Biomethan reduziert Methanemissionen aus landwirtschaftlichen und anderen Abfällen. Das Biomethan kann in die bestehenden Gasnetze eingespeist werden und so das Angebot an klimaneutralem grünen Gas (Biogas = Biomethan) erhöhen. Grünes Gas wird entweder aus organischen Reststoffen aus Land- und Forstwirtschaft oder aus Überschussstrom von Wind- und Sonnenkraftwerken produziert und soll als Ersatz für fossiles Gas dienen.

Biogas wird derzeit nur in geringen Mengen hergestellt, das Potenzial in Österreich wäre aber riesengroß. Eine aktuelle Studie für die Arbeiterkammer über Bedarf und Angebot an grünen Gasen in Österreich kommt auf ein Biomethanpotenzial aus Reststoffen von 50 Petajoule, womit mehr als die Hälfte des österreichischen Bedarfs an grünem Gas abgedeckt werden könnte (der gesamte energetische Endverbrauch in Österreich beträgt etwa 20 Petajoule pro Woche).

Großes Potenzial im Verkehr

Grünes Gas sollte dort zum Einsatz kommen, wo es komparative Vorteile gegenüber Strom hat, zum Beispiel auf Langstrecken bei Pkw und Lkw, in der Industrie oder als Reserve, wenn andere Ökoenergielieferanten (Solarstrom) etwa im Winter nur schwach lieferfähig sind. Biogasfahrzeuge haben einen geringeren CO2-Fußabdruck als Elektroautos. Und eine rasche Skalierung ist möglich, da die Infrastruktur dafür - Gasnetz und Tankstellen - bereits flächendeckend vorhanden ist. Biogas kann auch zur Stabilisierung der Stromnetze durch Gaskraftwerke eingesetzt werden. In Deutschland kamen im heurigen ersten Halbjahr 44 Prozent des insgesamt eingespeisten Stroms von erneuerbaren Energieträgern: darunter 22,1 Prozent Windkraft und 9,4 Prozent Photovoltaik, aber nur 5,9 Prozent Biogas.

Auch die Internationale Energieagentur (IEA) sieht großes Potenzial für Biogas aus organischen Abfallstoffen: Sie kommt zu dem Schluss, dass die EU fast die Hälfte ihres Gasbedarfs durch Biogas decken könnte - und zwar ausschließlich durch die Nutzung von Abfallprodukte, ohne eigene Energiepflanzen anbauen zu müssen und damit Lebenraum zu vernichten. Österreich gehört bei der Biogasproduktion leider zu den Nachzüglern. Es gibt jedoch auch hier ein erfolgreiches Modell: Die Energieversorgung Margarethen am Moos (EVM) in Niederösterreich betreibt die größte Biogasanlage Österreichs. Das Biogas wird aus landwirtschaftlichen Abfällen produziert. Die Abwärme wird für eine große Tomatenproduktion genutzt. Das anfallende CO2 wird dabei ins Glashaus eingeleitet und fördert dort den Pflanzenwuchs, indem es als zusätzliche Düngung wirkt.

Da Biogas teurer als fossiles Gas ist, sollten entsprechende Regulierungen beziehungsweise Fördermodelle besser schon gestern, aber zumindest ehestmöglich umgesetzt werden. Österreich sollte die Beimischungsverpflichtung von Biomethan aus Abfallstoffen (keine Land-Use-Problematik) zum Erdgas für 2022 auf 1 Prozent anheben, bis 2025 auf 5 Prozent, bis 2030 auf 30 Prozent und bis spätestens 2050 auf 100 Prozent. Sollte eine zusätzliche Finanzierung erforderlich sein, könnten Mittel aus der Agrarförderung, die laut EU-Vorgaben ja nunmehr auch die Klimaziele berücksichtigen sollen, genutzt werden.

Höhere Investitionen in Biogas

Die IEA mahnt, dass die Investitionen in alternative Energien verdreifacht werden müssen, um den Klimawandel in Grenzen zu halten. Höhere Investitionen in Biomethananlagen brächten längerfristige Planbarkeit und würden die Abhängigkeit von importiertem Erdgas verringern. Dies wäre eine Voraussetzung, um das erfolgreiche EVM-Model auch andernorts zu nutzen. Mit Bioabfällen, Vergärung der meisten Wirtschaftsdünger (etwa Kuhmist) in Biogasanlagen, Kläranlagen zur Biogaserzeugung sowie Nutzung der Wärme und des CO2 für Glashäuser könnte eine Kreislaufwirtschaft gelingen.

Die Vorteile liegen auf der Hand: eine Reduktion der Methanemissionen, eine raschere Erreichung der Klimaziele, keine elektrische Monokultur im Transport und auch keine so große Abhängigkeit von Seltenen Erden aus China. Elektroautos sind vor allem Batterietransporter, die hunderte Kilo Batterien mit sich herumschleppen. Biogasautos sollten die gleiche Förderung wie E-Autos erhalten, damit jeder seine komparativen Vorteile ausspielen kann. E-Autos sollten hauptsächlich auf Kurzstrecken eingesetzt werden, Biogas-Pkw auf Langstrecken. Auch Lkw, die im Fernverkehr schwer elektrifiziert werden können, sollten mit Biogas fahren.