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Klimaprobleme in der Hitze von Doha

Von Ronald Schönhuber

Politik

Beim Weltklimagipfel spießt es sich wieder, auch die EU ist nun zerstritten.


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Doha. Vor allem im Sommer ist die Hitze im Freien oft kaum zu ertragen. Bis zu 50 Grad hat es dann in Katar und wer kann, bleibt dort, wo leistungsstarke Klimaanlagen für Kühle sorgen: in den Büros, den Shopping Malls oder den eigenen vier Wänden. Wer dennoch etwas zu erledigen hat, nimmt in so gut wie allen Fällen das zumeist PS-starke Auto: Benzin ist im 1,8 Millionen Einwohner zählenden Golf-Emirat billig und auch die sengende Hitze lässt sich im eigenen Wagen gut aussperren.

Kühle und Bequemlichkeit haben allerdings ihren Preis. In Kombination mit der energieintensiven Produktion von verflüssigtem Erdgas hat der Lebensstil der Kataris den islamischen Zwergstaat zum prozentuell weltgrößten Klimasünder werden lassen. Mit einem jährlichen Kohlendioxidausstoß von 38 Tonnen pro Kopf übertrifft Katar Österreich in etwa um das Fünffache.

Doch es ist nicht nur dieses Setting, dass die Hoffnung dämpft, wenn ab Montag in der katarischen Hauptstadt Doha Delegierte aus 190 Staaten zum Weltklimagipfel zusammentreffen. Drei Jahre nach dem Scheitern der als Wegscheide apostrophierten Konferenz in Kopenhagen steckt die internationale Klimapolitik noch immer fest. Ein verbindliches internationales Klimaabkommen, das mit den USA, China und Indien auch die größten CO2-Emittenten einschließt, existiert bestenfalls als vage und sehr ferne Absichtserklärung.

Für Klimaexperten wie den in Graz lehrenden Ökonomen Stefan Schleicher sieht die Lage sogar noch um einiges schlechter aus als im vergangenen Jahr. Denn zusätzlich zu den nach wie vor bestehenden Schwierigkeiten mit China und den USA, die in Klimafragen aufgrund der jeweiligen innenpolitischen Situation kaum handlungsfähig sind, gibt es diesmal auch massive Unstimmigkeiten innerhalb der EU, dem bisherigen Fackelträger des Klimaschutzes auf globaler Bühne.

Strittig ist EU-intern vor allem die Frage, wie die 2011 in Aussicht gestellte Fortführung des in wenigen Wochen auslaufenden Kyoto-Protokolls genau geregelt sein soll. Polen und andere osteuropäische Länder plädieren in diesem Zusammenhang dafür, alle Verschmutzungsüberschüsse aus der ersten Verpflichtungsperiode (2008 bis 2012) in die zweite zu überführen, die anderen EU-Staaten, die diesen Schritt als massive Verwässerung des bis 2017 laufenden Folgeabkommens ansehen, sind dagegen.

Doch die Verlängerung des Kyoto-Protokolls, das den bisher einzigen international verbindlichen Vertrag zu Treibhausgasreduktion darstellt, hängt nicht nur an den Europäern selbst. Als Gegenleistung für die Fortführung verlangen die EU-Staaten, denen nach dem Ausscheiden von Japan, Kanada und Russland die tragende Rolle im Kyoto-Klub zukommt, dass sich die internationale Gemeinschaft auf einen Fahrplan einigt, wie bis 2015 ein dann 2020 in Kraft tretendes Klimaabkommen abgeschlossen werden kann.

Allzu optimistisch ist Schleicher in dieser Hinsicht allerdings nicht. "Die Klimadiskussion wird derzeit nach wie vor von der Wirtschaftskrise überschattet", sagt der Ökonom. Trotz der noch immer alles andere als rund laufenden Weltwirtschaft hat der globale CO2-Ausstoß mit 33,9 Milliarden Tonnen im Vorjahr allerdings einen neuen Rekord erreicht. Ohne einschneidende Maßnahmen sei das sogenannte Zwei-Grad-Ziel, dessen Einhaltung die Erderwärmung im beherrschbaren Rahmen hält, nicht erreichbar, warnte das UN-Umweltprogramm UNEP erst in dieser Woche.