Neben dem Ziel einer vollkommenen Stromversorgung auf Basis erneuerbarer Energie gerät auch die Wärmeversorgung in den Fokus der Klimapolitik. Der Weg Richtung Klimaneutralität führt aber durch einen dichten Kompetenzdschungel.
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Die jüngst veröffentlichte Treibhausgasbilanz des Umweltbundesamts für das Jahr 2017 zeigt, dass Österreich seine Klimaziele zu verfehlen droht, sofern nicht neue wirksame Maßnahmen ergriffen werden. Im Jahr 2017 stiegen die Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zum Vorjahr um rund 3,3 Prozent. Das dritte Jahr in Folge gibt es eine Zunahme. Haupttreiber war einmal mehr der Verkehrssektor.
Aber auch im Gebäudebereich, in dem zwischen 1990 und 2014 eine deutliche Verringerung der Emissionen um ein rund Drittel erreicht werden konnte, war in den vergangenen drei Jahren wieder ein leichter Anstieg festzustellen; im Jahr 2017 aufgrund des Mehrverbrauchs von Heizöl (plus 3,1 Prozent) und Erdgas (plus 0,7 Prozent) um 1,8 Prozent.
Mit der Klima- und Energiestrategie "Mission 2030" hat die Bundesregierung eine wichtige Grundlage für Klimaschutzmaßnahmen beschlossen. Ziel ist es, das Energiesystem bis zum Jahr 2050 zu einer modernen, ressourcenschonenden und dekarbonisierten Energieversorgung weiterzuentwickeln. Ob dieses Vorhaben mit Leben erfüllt wird, entscheidet sich in der Umsetzung, unter anderem im Rahmen der in den kommenden Monaten zu entwickelnden "Wärmestrategie".
Betrachtet man den Endenergiebedarf und die entsprechenden Nutzungen, ist die Wärmeversorgung für mehr als die Hälfte des Endenergiebedarfs verantwortlich. Dieser untergliedert sich in Raumwärme, Warmwasser und Kühlung einerseits und Prozesswärme andererseits (Industrie und Dampferzeugung).
Fossile Abhängigkeit reduzieren
Etwa ein Drittel des österreichischen Energieeinsatzes und rund 20 Prozent des heimischen CO2-
Ausstoßes entfallen auf Raumwärme und Warmwasserversorgung. Die verschiedenen Anwendungen erfordern unterschiedliche Maßnahmen, aber zugleich ein gemeinsames Ziel: Wie auch die EU-Kommission in ihrem Vorschlag für eine Langfrist-Strategie für Klimaschutz und eine moderne Wirtschaft formuliert, ist das Erreichen von "Klimaneutralität" bis zum Jahr 2050 die zentrale Vision, also netto Null-Emissionen von Treibhausgasen. Dafür sind abgesehen vom Ersatz fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energieträger Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz umzusetzen und auch die Frage zu stellen, wie der Energiebedarf auf ein Ausmaß gesenkt wird, das mit erneuerbaren Energie gedeckt werden kann.
Anders als in der Stromversorgung, überwiegt im Wärmebereich noch die Nutzung fossiler Energie mit einem Anteil von rund 60 Prozent. In Österreichs Haushalten kommt zu 16 Prozent noch immer Heizöl und zu 24 Prozent Erdgas als primäres Heizsystem zum Einsatz. (Den größten Anteil hat die Fernwärme mit 28 Prozent.) In den vergangenen beiden Jahren sind die Importkosten für fossile Energie alleine durch den höheren Ölpreis um mehrere Milliarden Euro gestiegen. Im Zusammenhang mit der fossilen Abhängigkeit ist auch die Strategie der teilstaatlichen OMV, massiv in neue Öl- und Gas-Assets zu investieren und sich mittels Gasliefervertrag an Gazprom und höhere Importmengen bis 2040 zu binden, zweifelhaft.
Dabei sind Energieeffizienz-Maßnahmen und eine erneuerbare Wärmeversorgung auch für den Standort und heimische Technologien ein Impuls. So weist der gegenwärtige Bestand an Zentralheizungskesseln eine deutliche Überalterung und hohen Sanierungsbedarf auf. Beim Ersatz und Neubau von Heizsystemen neuerlich auf fossile Energie zu setzen, wäre fatal und würde die Abhängigkeit von weitgehend importiertem Erdöl und Erdgas einzementieren.
Auch die von der Mineralölwirtschaft propagierte Technologieoption Heizöl auf Basis von Reststoffen - also pflanzlichen und tierischen Fetten sowie Abfällen - zu erzeugen, ist für den Raumwärmebereich skeptisch zu sehen. Die Ressourcen an biogenen Reststoffen, Acker- und Waldflächen sowie auch die Potenziale an erneuerbarem Strom reichen nicht, um daraus gleichzeitig mehrere Milliarden Kubikmeter Erdgas, die Beimischung von Biotreibstoff und Heizölersatz zu erzeugen.
Die Jahre 2030 und 2050 sind nicht mehr nur ferne Zukunft. Ob in der Stadt oder am Land: In welche räumliche Struktur sich ein Gebäude heutzutage einfügt und wie nachhaltig die Art und Weise ist, wo und wie wir wohnen und arbeiten, ist entscheidend für die Treibhausgasbilanz in den kommenden Jahrzehnten.
Siedlungsstrukturen, die mehr Abhängigkeit vom Auto schaffen, sind aus sozialer Sicht aber auch aus Klimaschutzsicht kontraproduktiv. Auch die Funktion von Gebäuden verändert sich derzeit. Gebäude werden immer mehr zu Energieproduzenten, können "netzdienlich" konzipiert werden, zum Beispiel der flexible Betrieb von Wärmepumpen, und können Speicherfunktion erfüllen und sind als Teile eines Gesamtsystems zu verstehen, die eine Vielzahl an Möglichkeiten bieten, nachhaltige Innovationen für unsere Zukunft zu schaffen.
Klar ist: Die Energiemärkte sind im Umbruch. Neue Technologien, sowohl in der Erzeugung als auch in der Speicherung von Energie, und die Verschränkung von Anwendungen in den Bereichen Strom, Wärme und Mobilität, werden neue Regeln erforderlich machen, um das Energiesystem zu gestalten.
Wer ist zuständig?
Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen lassen sich die Klimaschutzziele nicht erreichen. Doch wer ist letztlich genau zuständig für die Umsetzung? Ein Hindernis stellt die zersplitterte Kompetenzlandschaft zwischen Bund, Bundesländern und Gemeinden dar. Die Diskussion um die Wärmestrategie ist auch eine Chance, diesbezüglich für mehr Klarheit zu sorgen, und alle Gebietskörperschaften ins Boot zu holen. Wohnen und Bauen sind in Österreich teilweise im Kompetenzbereich des Bundes (zum Beispiel Mietrecht, Wohnungseigentumsrecht, Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht sowie Steuergesetzgebung) und teilweise in jenem der Länder (etwa Baurecht, Wohnbauförderung, Raumplanung, Emissionsschutz). Auch den Gemeinden kommt - etwa bei der Raumordnung und bei Bewilligungen - eine wichtige Funktion zu.
Die Herausforderung besteht darin, zum einen die unterschiedlichen Ressorts auf Bundesebene (neben dem Nachhaltigkeitsressort betrifft dies unter anderem auch das Justizministerium und das Finanzressort) Richtung Klimaneutralität zu justieren, zum anderen auch die Spielregeln mit den Ländern neu zu definieren. Es geht darum, Kompetenzknoten zu lösen, die teils schon seit Jahrzehnten echte Lösungen verhindern und zugleich die regionalen Kompetenzen und Innovationskraft zu nutzen.
Aktuell sind die Anreize in den Bundesländern unterschiedlich: Sowohl was den Umgang mit fossilen Heizsystemen in den Baustandards betrifft als auch in Hinblick auf Anreize, in erneuerbare Heizsysteme zu investieren. Die Einbindung der Bundesländer wird zur Erreichung der Klimaschutzziele wichtig sein, ebenso das offene Diskutieren kompetenzrechtlicher Verschiebungen: Wie können Baustandards, Fördermaßnahmen, Sanierungsanreize, Heizanlagenüberprüfung und diesbezügliche Qualitätsstandards, Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Raumplanung, Energiepläne so gestaltet werden, dass sie dem Ziel der Klimaneutralität entsprechen und Investitionen in die Energiezukunft ermöglichen? Neue Wege werden notwendig sein, und damit auch ein Hinterfragen der eingespielten Regeln, Instrumente und Institutionen.