Lange hatten klimaschädliche Emissionen keinen Preis. Seit Oktober 2022 kostet eine Tonne CO2 rund 30 Euro. Zu wenig, sagt das Institut für Höhere Studien (IHS) - auch, weil parallel dazu klimaschädliche Subventionen ausgeschüttet werden.
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Hitzewellen, Dürren, Starkregen und Überflutungen: Die Zahl der Extremwetterereignisse in Europa hat sich seit den 1970er Jahren fast verfünffacht. Auch dieser Tage ist es in den meisten Teilen des Landes heiß. Ausreißer sind das längst keine mehr, wie die Weltwetterorganisation bereits im vergangenen Frühjahr mitteilte. Die Jahre 2015 bis 2022 waren die acht wärmsten seit Beginn der systematischen Temperaturaufzeichnungen im Jahr 1850. Eine wesentliche Ursache für die menschengemachten Erderhitzung liegt in den Emissionen von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) oder Methan.
"Ein Problem ist, dass die CO2- Emissionen lange keinen Preis hatten und Unternehmen diese nicht in die Produktionskosten miteinberechnen mussten. Das ist ein klassischer Fall von Marktversagen", sagt der Sprecher für Klima- und Umweltpolitik des Instituts für Höhere Studien (IHS), Klaus Weyerstraß. Im Oktober 2022 wurde der CO2-Preis schließlich eingeführt. Mit 32,50 Euro pro Tonne fällt er gering aus. Zu gering, wie das Institut für Höhere Studien (IHS) in einem Forschungspapier schreibt. Gefordert wird mehr Mut bei der angemessenen Bepreisung umweltschädlicher Emissionen.
Viele Hebel bei der CO2-Bepreisung
Um Klimaneutralität im Jahr 2040 zu erreichen, existieren in Österreich verschiedene Hebel bei der CO2-Bepreisung. So gibt es seit 2005 den Europäischen Emissionshandel (EU-ETS), der rund 10.000 Anlagen der Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie erfasst.
Seit 2012 gilt der EU-ETS zudem auch für den innereuropäischen Luftverkehr. Ziel ist es, mit dem Emissionsrechtehandel die Treibhausgasemissionen innerhalb der EU zu senken. Parallel zum EU-ETS gibt es seit Oktober 2022 ein eigenständiges System zur Bepreisung der klimaschädlichen Emissionen für die Sektoren, die der EU-ETS bisher nicht abgedeckt hat. Dieser umfasst vor allem Gebäude und Verkehr, der im Jahr 2026 in einen neuen EU-ETS2 überführt werden soll.
Mit der Einführung einer CO2-Bepreisung abseits des Emissionshandels liegt Österreich im europäischen Mittelfeld. Während es in Belgien und einigen südlichen und osteuropäischen Ländern noch gar keine CO2-Bepreisung gibt, zählen vor allem die skandinavischen Staaten zu den Vorreitern. In Finnland haben klimaschädliche Treibhausgase seit 1990 einen Preis. Gemeinsam mit Norwegen, Schweden, Liechtenstein und der Schweiz sind die Preise dort auch am höchsten. Teurer als in Österreich ist die Tonne CO2 in Frankreich, Irland, Luxemburg und in den Niederlanden.
Während klimaschädliche Emissionen in Österreich seit Oktober nun erstmals einen Preis haben, werden hierzulande aber nach wie vor klimaschädliche Subventionen ausgeschüttet: Dieselprivileg, Pendlerpauschale oder auch die Steuerbefreiung für Treibstoffe in der Luftfahrt. 3,4 Milliarden Euro waren es im Jahr 2018, gar 14,5 Milliarden im Zuge der Gasknappheit im Jahr 2022. Die Mitautorin des Papiers "Mut zu angemessener CO2-Bepreisung" spricht sich daher für den kontrollierten Ausstieg aus klimaschädlichen Subventionen aus. Dieser solle in Abstimmung mit den europäischen Partnerländern vonstattengehen, auch, weil manche Subventionen Gesetzesänderungen auf europäischer Ebene bräuchten. Gesetzesänderungen in Österreich wären aber dennoch möglich. "Man könnte sich die Pendlerpauschale ansehen und überlegen, ob man diese nicht mit dem Klimaticket verbinden könnte. Das ist aber nur dann möglich, wenn der öffentliche Verkehr ebenfalls massiv ausgebaut wird", sagt die IHS-Umweltökonomin Kerstin Plank. "Sinn und Zweck ist es, Lenkungsmaßnahmen zu erreichen und der CO2-Preis allein ist nicht hauptausschlaggebend dafür. Wenn beispielsweise der öffentliche Verkehr günstiger und das Angebot besser ist, dann ist das auch eine Möglichkeit. Es braucht ein ganzes Bündel an Maßnahmen", sagt Plank.
Ein Preis, der höhere Kosten vermeiden soll
Ein anderes großes Bündel an Maßnahmen scheint derzeit hingegen in der Schwebe: Gegen einzelne Vorhaben unter dem Schirm des European Green Deal, das Prestigeprojekt von EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen (EVP), machten vor kurzem Manfred Weber, der Fraktionschef der europäischen Volkspartei (EVP), mobil. Zwei Gesetzesvorhaben, die vor allem die Landwirtschaft betreffen, wurden ausgesetzt. Zum einen geht es um das vorgeschlagene Gesetz zur Wiederherstellung von Naturlandschaften, zum anderen um die Halbierung des Pestizidgebrauchs bis 2030. Auch Vorhaben zum Schutz von europäischen Naturräumen und der Artenvielfalt sorgten bis zuletzt für Widerspruch der EVP. Kein Zurück gibt es aber beim EU-ETS2 für CO2- Emissionen im Straßenverkehr und Gebäuden. Bis 2030 ist eine Reduktion der Emissionen in diesen Sektoren um 62 Prozent geplant. Ab demselben Jahr sollen außerdem kostenlose Emissionszertifikate auslaufen und bis 2034 abgeschafft werden.
Bei allen Vorhaben rund um die CO2-Bepreisung hofft der IHS-Ökonom Weyerstraß auch auf eine andere Kommunikation. "Wir müssen davon wegkommen zu sagen, dass da irgendein Preis eingeführt wird. Vielmehr müsste erwähnt werden, dass dadurch verhindert wird, dass wegen der Klimakrise künftig noch höhere Kosten auf uns zukommen."