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Klimasünder auf dem Teller

Von Stuart Forbes

Gastkommentare
Stuart Forbes ist Mitgründer des in London ansässigen, auf thematische Indexfonds spezialisierten Vermögensverwalters Rize ETF.
© Alastair Fyfe

Die Rolle der Lebensmittelindustrie in Bezug auf die Abholzung der Tropenwälder und den Klimawandel wird bisher zu wenig beachtet.


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Der Klimawandel gewinnt mehr und mehr öffentliche Aufmerksamkeit. Die Diskussion, wie ihm Verbraucher und Investoren begegnen können, konzentriert sich größtenteils auf die Rolle des Menschen bei den Treibhausgasemissionen und die Notwendigkeit des Übergangs zu erneuerbaren Energien. Weit weniger Aufmerksamkeit gilt jenem Industriezweig, der 26 Prozent aller vom Menschen verursachten Treibhausgase verantwortet und Hauptursache für die weltweite Abholzung der Tropenwälder und den Verlust der biologischen Vielfalt ist: unser Ernährungssystem.

Warum ist es so schädlich für Umwelt und Klima? Neben einer Reihe von Gründen ist der Fleischsektor der bei weitem größte Missetäter. Dabei gilt es sich vor Augen zu führen, dass die Hälfte der weltweit bewohnbaren Gebiete - also eis- und wüstenfreies Land - für die Landwirtschaft genutzt wird. 77 Prozent dieser landwirtschaftlichen Nutzfläche dienen der Viehweide oder dem Anbau von Futtermitteln für Vieh. Mit dem Bevölkerungswachstum stieg die Nachfrage nach Fleisch. Rinder- und Sojaproduktion sind heute die Hauptursache für die Entwaldung des Amazonas-Bioms. Nahezu 80 Prozent der gesamten Sojaproduktion werden zur Fütterung von Vieh, einschließlich Rindern, verwendet. Die Lieferketten für Rind- und Lammfleisch emittieren pro Kopf mehr Kilo CO2-Äquivalent pro Kilo Produkt als jede andere Art von Lebensmitteln.

Landnutzungsänderung und Landwirtschaft als Treiber

Noch beunruhigender ist die Tatsache, dass der überwiegende Teil dieser Emission allein aus den ersten beiden Stufen der Lebensmittelversorgungskette stammt: aus Landnutzungsänderung und Landwirtschaft. Unter Landnutzungsänderung versteht man die Umwandlung von Wäldern in landwirtschaftliche Flächen. Die Entwaldung führt nicht nur zur Emission riesiger Mengen Kohlendioxid durch die Verbrennung und Zersetzung von Waldbiomasse, sondern verändert auch den Kohlenstoffgehalt des Bodens enorm. Laut dem World Resources Institute hat der Verlust von Tropenwäldern zwischen 2015 und 2017 weltweit etwa 4,8 Milliarden Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr verursacht, etwa 8 bis 10 Prozent der gesamten vom Menschen verursachten Treibhausgase.

Die zweite Stufe ist die Landwirtschaft selbst, wo Düngemittel, Gülle, Landmaschinen und Vieh ebenfalls schwindelerregende Mengen von Treibhausgasen freisetzen. So kann etwa eine einzige Kuh über einen Zeitraum von zwölf Monaten bis zu 300 Kilo Methan produzieren - ein Gas, das über eine Zeitspanne von 100 Jahren etwa 28 Mal mehr Wärme als Kohlendioxid und über eine Zeitspanne von 20 Jahren 84 Mal mehr Wärme als Kohlendioxid einfängt.

Im Vergleich dazu haben die nachfolgenden Verarbeitungs-, Transport-, Einzelhandels- und Verpackungsstufen der Lieferkette einen viel kleineren Treibhausgas-Fußabdruck, sie tragen zusammengenommen nur etwa 5 bis 10 Prozent zu den weltweit vom Menschen verursachten Treibhausgasen bei. Treibhausgasemissionen aus den Versorgungsketten für pflanzliche Produkte fallen dagegen bis zu 50 Mal niedriger aus. Zahlreichen Studien zufolge kann zudem eine pflanzliche Ernährung dazu beitragen, eine Reihe von ernährungsbedingten, lebensbedrohlichen Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes und Fettleibigkeit zu unterbinden. Nicht die Herkunft, sondern unsere bevorzugten Arten von Lebensmitteln verursachen den Großteil der Treibhausgasemissionen im Lebensmittelsystem und die weltweite Entwaldung: Das Steak aus lokaler Produktion ist schädlicher als die Avocado aus Mexiko.

Steigende Nachfragenach Fleischalternativen

Weltweit werden sich Verbraucher der Realitäten langsam bewusst. Das wachsende Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein kann bewirken, die Abholzung an Orten wie dem Amazonas-Regenwald (größtenteils der Rindfleischproduktion zuzuschreiben) und Borneo (größtenteils der Palmölproduktion zuzuschreiben) zu reduzieren. Gleiches gilt für die vom Menschen verursachten Treibhausgase, die dem Ernährungssystem zuzuschreiben sind. Daraus ergibt sich das Potenzial, eine Reihe neuer Investitionsmöglichkeiten zu erschließen.

Die Corona-Pandemie und die infolgedessen notwendigen Anpassungen haben dieses bewusste Überdenken unserer Einkaufsgewohnheiten beschleunigt. So haben rund 81 Prozent der französischen Verbraucher, die im Mai 2020 von OpinionWay befragt wurden, angegeben, dass sie nach dem Lockdown umweltfreundlichere Lebensmittel kaufen wollen. Auf die Frage, warum sie den Fleischkonsum einschränken, nannte in einer Gallup-Umfrage im Jahr 2019 fast die Hälfte als Hauptgrund Umweltbedenken. Dieser Wandel ebnet den Weg für eine starke Zunahme des Verkaufs von Fleischalternativen in der Zukunft.

Die Unternehmensberatung AT Kearney prognostiziert, dass der Anteil von konventionellem Fleisch am weltweiten Fleischmarkt von 90 Prozent im Jahr 2025 auf nur 40 Prozent im Jahr 2040 sinken wird. Im selben Zeitraum wird der Anteil neuartiger veganer Fleischersatzprodukte (also pflanzlicher Fleischalternativen) voraussichtlich von 10 auf 25 Prozent steigen, während der Anteil von Fleisch aus Laborversuchen (manchmal als "kultiviertes" oder "zelluläres" Fleisch bezeichnet) auf 35 Prozent steigen wird.

Risikokapitalgeber haben diesen Trend schon lange vorhergesehen: Die Finanzierung für Foodtech- und Agrartech-Start-ups erreichte im Jahr 2019 einen Wert von 19,8 Milliarden Dollar, mehr als doppelt so viel wie 2016, als nur 8,6 Milliarden Dollar aufgebracht wurden. Inzwischen ist der Hype der öffentlichen Investoren um den Sektor durch den Börsengang von Beyond Meat regelrecht angefacht worden. Ungeachtet der Corona-Pandemie hat sich der Wert der Aktien dieses Fleischsubstitutproduzenten im Laufe des Jahres 2020 verdoppelt. Im selben Zeitraum hat sich der Aktienwert von Else Nutrition, einem Marktneueinsteiger, der Babynahrung auf pflanzlicher Basis herstellt, verachtfacht.

Intelligente Agrartechnologien auf dem Vormarsch

Der Wert des Pflanzenfleischmarktes ist nun auf dem besten Weg, von 10,1 Milliarden US-Dollar im Jahr 2018 auf 30,92 Milliarden US-Dollar im Jahr 2026 zu wachsen. Den Erwartungen nach werden immer mehr dieser privaten Unternehmen an die Börse gehen. Um das Beste aus dieser Investitionsgelegenheit zu machen, haben wir pflanzliche Lebensmittel zu einem der neun Teilsektoren unseres Themas "Nachhaltige Zukunft der Ernährung" gemacht. Zusammen mit Tematica Research haben wir die globalen börsennotierten Unternehmen identifiziert, die ihre gesamten oder einen großen Teil ihrer Einnahmen aus pflanzlichen Lebensmitteln erzielen. Und da der konventionelle Fleischkonsum, insbesondere von Rindfleisch, mit einer nachhaltigen Zukunft der Lebensmittel unvereinbar ist, schließen wir Unternehmen, die Lebensmittel aus Fleisch aus Bodenhaltung herstellen, aus.

Es sind aber nicht nur Fleischalternativen, die vom steigenden Umweltbewusstsein der Lebensmittelkonsumenten profitieren werden. Es gibt viele andere Sektoren, in denen Unternehmen innovativ tätig sind, um den CO2-Fußabdruck der Lebensmittelversorgungskette zu reduzieren. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist die sogenannte intelligente Landwirtschaft, auch "Farming 4.0" genannt: fortschrittliche Technologien wie Robotik, Sensoren, Software sowie Luft- und Satellitenbilder, die mit großen Datenmengen und cloudbasierten Lösungen kombiniert werden, um mehr Präzision und Automatisierung (und damit Ressourceneffizienz) innerhalb des landwirtschaftlichen Prozesses zu ermöglichen.

Ob es um die Überwachung des Feuchtigkeitsgehalts auf den Feldern geht, die Beurteilung des idealen Zeitpunkts für die Ernte oder die präzise Anwendung von Input-Ressourcen wie Wasser, Dünger, Pestiziden und Fungiziden - die neuen Plattformen ermöglichen es den Landwirten, jede Pflanze genau mit dem zu versorgen, was sie braucht, statt gleich ein ganzes Feld zu besprühen. Auf diese Weise können sie Input-Ressourcen einsparen, Treibhausgasemissionen reduzieren und die mit dem Oberflächenabfluss verbundenen unangenehmen Umweltnebenwirkungen wie Wassereutrophierung verringern.

Innovation in der gesamten Wertschöpfungskette

Letztlich beginnt der Wandel beim Verbraucher. Und da die Verbraucher auf der ganzen Welt immer besser über die Auswirkungen ihrer Ernährung auf die Umwelt (und vor allem auf ihre eigene Gesundheit) informiert sind, wird der Übergang zu einem nachhaltigeren Ernährungssystem endlich möglich. Die Unternehmen, die die technologische Innovation in der gesamten Lebensmittelwertschöpfungskette vorantreiben oder die neuen gefragten Lebensmittelprodukte entwickeln und herstellen, werden am besten positioniert sein, um von diesem Übergang zu profitieren.