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Klimawandel-Debatte: Weltklimarat kämpft um seine Glaubwürdigkeit

Von Heiner Boberski

Analysen

Der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) steht unter Beschuss. Dass ein Gremium, das unbequeme Wahrheiten verkündet, attackiert wird, ist kein Wunder. Doch offenbar trägt der 2007 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete IPCC selbst ein gerüttelt Maß an Schuld für seine Rolle als Zielscheibe.


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Erst vor wenigen Tagen mussten die Klimaforscher eine Panne im jüngsten IPCC-Bericht (den hunderte Fachleute vor der Drucklegung begutachten sollten) eingestehen: Bis zum Jahr 2035, hieß es dort, sei mit dem Abtauen der Himalaya-Gletscher von 500.000 auf 100.000 Quadratkilometer zu rechnen. Dabei hatte man nicht nur eine fragwürdige Quelle, einen Text der Naturschutzorganisation WWF, verwendet, sondern auch Zahlen verwechselt: Die Prognose bezog sich auf sämtliche Gletscher der Erde (am Himalaya gibt es nur 33.000 Quadratkilometer) und das Jahr 2350.

Nun deckte die Londoner "Sunday Times" auf, dass die Behauptung im IPCC-Bericht von 2007, die steigenden Kosten nach Überschwemmungen und Hurrikanen hingen mit dem Klimawandel zusammen, auf einer damals noch unveröffentlichten Studie beruhten. In deren 2008 veröffentlichter Endfassung hieß es dann aber explizit, für einen statistischen Zusammenhang zwischen weltweitem Temperaturanstieg und Schäden durch Umweltkatastrophen gebe es "nicht genügend Beweise".

Aber auch das Gegenteil, es gebe sicher keinen Zusammenhang, ist nicht beweisbar. Wo klares Wissen fehlt, wird die Glaubwürdigkeit entscheidend: Glaubt man bei Klimaprognosen eher den derzeit vom IPCC, der seine Papiere sichtlich sorgfältiger erstellen müsste, nicht gerade optimal repräsentierten Klimaforschern? Oder vertraut man den Klimawandel-Skeptikern, die natürlich auch von Interessen geleitet sind und zum Teil mit überholten Argumenten (gestützt auf inzwischen erwiesene Fehlmessungen von Wetterballons) arbeiten?

Dass eine Erderwärmung stattfindet, ist heute weitgehend unbestritten. Darüber, in welchem Ausmaß der Mensch dabei mitwirkt und ob sie durch Reduzierung der Treibhausgase gebremst werden kann oder sollte (da die Kosten hoch sind und man auf Epochen der Erdgeschichte verweisen kann, in denen es wärmer war als heute), lässt sich freilich heftig streiten.

Wer näher an der Wahrheit liegt, Panikmacher oder Verharmloser, wird in wenigen Jahrzehnten evident sein - nicht mehr für diese Generation, aber für deren Nachkommen.