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Klimaziele: Die EU drängt USA

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

EU-Spitzen verhandeln mit Obama. | Finanzen und Reduktionsziele offen. | Erwartungen für Durchbruch gering. | Brüssel/Washington. Die letzten Verhandlungsrunden vor dem Weltklimagipfel in Kopenhagen im Dezember überschatten den EU-USA-Gipfel am heutigen Dienstag. Noch einmal werden der schwedische Premier und amtierende EU-Vorsitzende Fredrik Reinfeldt sowie Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso versuchen, US-Präsident Barack Obama auf einen klimaschutzfreundlicheren Kurs einzustimmen. Parallel dazu wird auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel anreisen und den Friedensnobelpreisträger an der Spitze der US-Regierung mit ganz ähnlichen Anliegen konfrontieren.


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Gemeinsam mit Washington würde die EU in Kopenhagen gerne langfristige Ziele zur Emissionsreduktion und finanzielle Angebote zur Unterstützung des Klimaschutzes in den Entwicklungsländern auf den Tisch legen. Diese werden ab 2020 zwischen 22 und 50 Milliarden Euro pro Jahr an Fördermitteln von den Industrieländern benötigen, wie die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Treffen letzte Woche ins EU-Mandat schrieben. Mit einem konkreten Angebot des EU-Anteils will man jedoch auf die USA warten.

"Wir hoffen, dass wir mehr Klarheit über die US-Position zum Klimaschutz bekommen werden", sagte Reinfeldt vor seiner Abreise nach Washington. Von dessen Verhalten sei schließlich auch das Vorgehen wichtiger Schwellenländer wie China abhängig. Ohne Entgegenkommen der Amerikaner seien kaum Fortschritte zu erwarten.

Auch Merkel skeptisch zu fertigem Vertrag

Die Erwartungen für einen Durchbruch beim EU-USA-Gipfel sind aber recht gering. Als Erfolg gelte bereits, wenn die G8-Beschlüsse von Aquila als gemeinsame Basis bestätigt würden, hieß es. Darin wir vor allem festgehalten, dass die Klimaerwärmung mit zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzt werden müsse. Diesen Wert hatten Wissenschaftler für die UNO als Vorgabe dafür ausgearbeitet, wie alltägliche Sturm- und Flutkatastrophen künftig noch verhindert werden könnten.

Schon längst glaubt kaum aber kaum mehr jemand, dass in Kopenhagen tatsächlich ein fertiges Klimaschutzabkommen zwischen den 192 UNO-Ländern vereinbart werden kann. Auch Angela Merkel ist mittlerweile skeptisch, dass es in der dänischen Hauptstadt im Dezember zu einem bindenden Vertrag kommt. Sie hofft aber, dass man sich zumindest auf eine Rahmenvereinbarung einigen kann, die dann zur Grundlage eines Vertrages werden könnte, erklärte die deutsche Kanzlerin vergangene Woche.

Treffen in Barcelona: UNO-Forderung an USA

Damit zumindest einmal politische Eckpunkte beschlossen werden können, nahm auch UNO-Klimachef Yvo de Boer am Montag die USA in die Pflicht: Entscheidend sei, dass Washington endlich sein nationalen Ziele zur Treibhausgasreduktion und seine Beiträge zum Klimaschutz in ärmeren Ländern offen lege, meinte er zu Auftakt der letzten Kopenhagen-Vorbereitungsrunde in Barcelona. In der katalanischen Metropole treffen sich bis zum 6. November rund 4000 Unterhändler aus 180 Staaten, um an den Entwürfen für Kopenhagen zu feilen. Dabei entfallen allein 30 der 180 Seiten des Rohentwurfs auf die Frage, wie der Klimaschutz in den Entwicklungsländern finanziert werden soll.

Nepals Regierung tagt am Mount Everest

Diese machen mit spektakulären Aktionen auf ihre Anliegen aufmerksam. Kürzlich tagte die Regierung der vom Untergang bedrohten Malediven unter Wasser, demnächst will die nepalesische Regierung mit einer Sitzung in einem Basislager am Mount Everest auf die Bedrohung der Gletscher im Himalaya aufmerksam machen.

Mangelnde Zusagen für die Finanzierung des Klimaschutzes in den Entwicklungsländern machen auch Umweltschutzgruppen den USA zum Vorwurf: "Die USA sind das Hauptproblem", meinte etwa Greenpaace-Koordinator Martin Kaiser. Vor zu vagen Ergebnissen warnt de Boer.

Denn wenn sich die USA 2010 nicht schnell in Richtung eines Abschlusses für den Klimaschutz in der Zeit nach Auslaufen des Kyoto-Protokolls ab 2012 bewegten, werde es eng, glauben Experten. Die nächste Weltklimakonferenz in einem Jahr findet nämlich in Kuba statt - leicht möglich, dass eine feierliche Einigung für die USA dort noch schwieriger wäre.

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