Die EU-Staaten können ihre Vorgaben zum Umweltschutz im kommenden Jahr revidieren.
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Brüssel. Für Umweltschutzorganisationen zu wenig, für die Wirtschaft zu viel: Die Zielsetzungen der EU für den Klimaschutz, auf die sich die europäischen Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel geeinigt haben, lösten unterschiedliche Reaktionen aus. Während Umweltschützer die "ambitionslosen" Vorgaben als "schweren Rückschlag" bezeichnen, warnen Wirtschaftstreibende vor hohen Folgekosten für die Industrie, was deren Abwanderungsgefahr erhöht.
Die Gipfelteilnehmer selbst präsentierten sich großteils zufrieden. "Es war nicht einfach, überhaupt nicht - aber wir haben es geschafft, zu einer fairen Entscheidung zu kommen", erklärte der scheidende Ratspräsident Herman Van Rompuy. Mit dem Kompromiss werde Europa ein wesentlicher Spieler, kommentierte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der Kampf gegen die Klimaerwärmung soll nämlich global geführt werden, und die Europäer haben nun eine gemeinsame Position für die Weltklimakonferenz in Paris im kommenden Jahr.
Danach allerdings könnten die Ziele wieder revidiert werden, wie aus dem Schlussdokument des Gipfels hervorgeht. Mehrere Mitgliedstaaten haben darauf bestanden. Würde die EU nämlich weit ehrgeizigere Vorgaben als andere haben, könnte das ihre Wettbewerbsfähigkeit mindern, lautete das Argument.
Fürs Erste steht aber fest, dass der Ausstoß der Treibhausgase bis zum Jahr 2030 um 40 Prozent reduziert und der Anteil der erneuerbaren Energien auf 27 Prozent gesteigert werden soll. Die Verbesserung der Energieeffizienz wird jedoch geringer ausfallen als von der EU-Kommission ursprünglich vorgeschlagen. Statt 30 sollen es nun 27 Prozent werden - und auch das ist nicht verbindlich. Verpflichtend sind hingegen die beiden anderen Vorgaben, allerdings auf EU-Ebene. Das bedeutet, dass nicht alle Länder gleich viele Anstrengungen unternehmen müssen: Sind die Effekte in einem Staat größer, können sie in einem anderen geringer sein.
Die Kommission muss jetzt die Werte für die einzelnen Mitglieder und Sektoren ausarbeiten. Je nach Bereich werden diese für westeuropäische Länder höher ausfallen als für osteuropäische, deren Wirtschaft stark von Energie aus klimaschädlichen Kohlekraftwerken abhängig ist. Polen beispielsweise konnte im Rahmen des Emissionshandels seinen CO2-Ausstoß in den letzten Jahren sogar steigern. Das soll zwar künftig nicht mehr möglich sein, doch kann das Land weiterhin flexibel bleiben, indem es zusätzliche Verschmutzungsrechte erhält.
Überhaupt sollen einkommensschwächere Mitglieder finanziell darin unterstützt werden, ihre Energiesysteme zu modernisieren. So sollen zehn Prozent der CO2-Zertifikate an Staaten verteilt werden, deren Wirtschaftskraft unter 90 Prozent des EU-Durchschnitts liegt. Zusätzlich gibt es noch zwei Prozent der Verschmutzungsrechte dafür, notwendige Investitionen zu finanzieren.
Andere Anliegen verfolgten wiederum Portugal und Spanien. Sie pochten auf eine Festlegung für den Energie-Anteil, der zwischen EU-Ländern ausgetauscht werden kann. Dieser Prozentsatz soll bis 2030 auf 15 erhöht werden. Das soll den auf erneuerbare Energien setzenden Portugiesen und Spaniern dabei helfen, Strom aus ihren Gebieten in andere Teile Europas zu leiten.